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An Wilhelm Johann Carl Zahn

Das Schreiben meines Sohns, datirt den 13. September von Neapel, war eins der angenehmsten seiner bisherigen Wallfahrt. Nach manchem Unbilden einer sonst glücklichen Reise, nach überstandenem harten Meeres-Sturm war er endlich im herrlichsten Hafen angelangt, an einem bedeutenden Festtage, welches gute Vorbedeutungen aufzufordern schien. Sein Glück hielt ich für ganz vollkommen, da er Sie gleich antraf, [130] und es ihm sodann an Leitung, Führung und allen möglichen Fördernissen nicht fehlen konnte.

Wenn das durch Ihre Vermittlung möglich gewordene Ereigniß einer besonders gewidmeten Ausgrabung auch fernerhin die Folge haben kann, daß unser Name heiter in Pompeji von Zeit zu Zeit ausgesprochen werde, so ist das einer von den Gedanken, mit denen unsre, über der Vergangenheit spielende Einbildungskraft sich angenehm beschäftigen, Schmerzen lindern und an die Stelle des Entflohnen das Künftige ich vorzubilden Gelegenheit nimmt. Empfangen Sie meinen lebhaften Dank für diese höchst freundliche Einleitung.

Eben so gibt auch für die Zukunft die erfreulichste Aussicht, Sie und Ihre neu erworbenen Schätze wieder bey uns zu sehen. Jenes farbige Blatt vielfach an einander gereihter, bunt vervierter Streifen, das ich mit einem Kästchen aus Neapel erhielt, erregt mir aber die Vermuthung, daß Sie in Neapel selbst ein Unternehmen jener Art ausführen könnten. Geben Sie mir Nachricht von Zeit zu Zeit von dem, was Sie unternehmen, was Ihnen begegnet und wo Sie sich befinden?

Daß Ihre Gegenwart in Wien willkommen gewesen, hat mir Herr Professor v. Deinhardstein schon ausgesprochen und die Anzeige, die ich von Ihren schönen Heften niedergeschrieben, gern und willig in die Jahrbücher aufgenommen. Sie ist wohl noch nicht[131] bis zu Ihnen gelangt; wann Sie aber auch solche erhalten, so werden Sie daraus den warmen Antheil erkennen, den ich an Ihren schönen Bemühungen genommen habe und immer nehmen werde.

Möge Ihre schätzenswerthe Thätigkeit von außen immer gefördert und durch Gesundheit und Geistesfreyheit fernerhin möglich gemacht und gesteigert werden.

Ober-Baudirector Coudray grüßt zum schönsten und wendet Ihre Hefte zu sichtbarem Nutzen täglich an. Er fand Gelegenheit und Förderniß, eine Gewerkschule anzulegen, wo manche Theile Ihrer Blätter, vorsichtig nachgebildet, zu vortheilhaften Mustern dienen und eine gewisse Freyheit und Heiterkeit des Geistes, woraus der gute Geschmack entsteht, den Nachzeichnenden gewähren.

Fahren auch Sie fort und erfreuen sich alles Guten und Schönen, das Sie genießen und stiften.

mit den treusten Wünschen

Weimar den 24. Februar 1831.

J. W. v. Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1831. An Wilhelm Johann Carl Zahn. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-76FE-D