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An Georg Heinrich Noehden

[Concept.]

[Jena, 9. Juli 1820.]

Ew. Wohlgeboren

gefälliges Schreiben beantworte etwas später, indem eine umständliche Anfrage hinzuzufügen gedachte.

[103] Zu allererst vermelde, daß der Aufsatz über Leonard da Vinci in dem dritten Hefte über Kunst und Alterthum in den Rhein und Mayn Gegenden 1817 abgedruckt worden, wobey ich hinzuzufügen nicht unterlassen kann, daß ich den Resultaten Ihrer gefälligen Bearbeitung mit Vergnügen entgegen sehe.

Zugleich aber wollte vermelden, daß ich so eben eine Arbeit unternommen, welche einiges Antheils in England nicht ermangeln dürfte. Es hat nämlich Andreas Mantegna in Mantua, seinem Geburtsort, für den Herzog Gonzaga, seinen Gönner, und zu Verzierung eines großen Saales des Pallasts in der Nähe von St. Sebastian auf mehreren großen Tafeln gemahlt, welches von Andreas Andreani auf Holzstöcken nachgebildet und mit verschiedenen Tinten abgedruckt worden. Diese Gemählde, gegenwärtig in England, stehen im Pallast Hamptoncourt und sollen wohl erhalten seyn. Vielleicht findet sich in irgend einer Topographie oder Reisebeschreibung das Nähere, welches anzugeben Ew. Wohlgeboren wohl die Geneigtheit haben würden. Vorläufig aber bring ich einige Fragen vor, über welche ich aufgeklärt zu werden wünschte.

1. Wieviel an Zahl sind die Gemählde?

2. Wenn es über neune sind, fragt sich, ob hinter dem Triumphwagen der Zug sich noch verlängert?

3. Wie hoch sind die Gemählde, wie groß die Figuren?

[104] 4. Sie sind mit bunten Farben, und wie ich höre mit Wasserfarben gemahlt. Haben diese sich gut erhalten? Sind sie etwa in England früher oder später gestochen worden?

Diese Bilder sind im höchsten Grade durchgedacht und es läßt sich von jeder Einzelnheit Rechenschaft geben; meine Absicht ist, die Motive, wie sie auf einander folgen, zu entwickeln. Ob es schon irgend wo geschehen, blieb mir unbekannt. Vasari, indem er diese Bilder über alles erhebt, was Mantegna je gearbeitet, giebt doch nur eine allgemeine, tumultuarische Darstellung und hat einzelne, sehr schöne Motive verkannt und mißgedeutet. Ew. Wohlgeboren werden mich sehr verpflichten, wenn Sie auch an dieser Arbeit gefälligen Antheil nehmen und mich in den Stand setzen wollen, meine frommen Wünsche durchzuführen.

Außerdem wird es mir noch eine angenehme Angelegenheit seyn, von Ihrem Befinden und Thätigkeit manchmal nähere Nachricht zu erhalten.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1820. An Georg Heinrich Noehden. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-78E6-2