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An Christiane von Goethe

Dein lieber Brief vom 14ten ist mir heute den 26ten in Heidelberg geworden. Ich begrüße dich von Herzen und fahre fort zu erzählen. Seit meinem letzten ist mir's durchaus wohlgegangen. Ich blieb in Frfurt bis den 15ten. Durchkroch die Stadt und habe viel gesehen und erfahren. Nun zog ich mit Boisserée auf die Mühle, nachdem ich das Krämchen an dich abgesendet hatte. Nach zwey muntern Tagen zogen wir beyde auf Darmstadt, wo ich mich am Museum sehr ergötzte und meinen gnädigsten Herrschaften aufwartete, auch Künstler und gute Leute sah. Am 20ten trafen wir zu Mittag in Heidelberg ein. Die Bergstraße war über alle Begriffe schön und herrlich. Die Freunde wurden besucht, das Schloß bestiegen, allerley vorgenommen, bey Paulus arabisch geschrieben.

Am 22ten Kamen Willemers und Fr. Stedel. Voll Wohlwollen und Theilnahme. Sie blieben bis den 26ten früh, sahen und besahen sich alles. Die guten Frauen grüßen dich schönstens, auch Willemer den August. Indessen war ein Brief von Fr. v. Heygendorf gekommen, die in Mannheim den Gr. Herzog erwartet. Er wäre schon längst hier, aber er macht den Weg jagend. Der Grosh. von Baden ist auch ein großer Jäger, Prinz Christian von [86] Darmstadt ist auch dabey. Wir wollen es ihnen gönnen nach so viel Noth und Leiden. Die Russen gehen in drey Colonnen durch Francken, täglich ziehen sie hier eilig durch. Da sie so geschwind gehen, werden sie bald vorüber seyn, worauf ich hoffe, um den Rückweg über Würzburg zu machen. Nach Frfurt möcht ich nicht wieder. Es ist schwer von soviel Verwandten, Bekannten und Freunden loszumachen, dazu kommen noch so viele Fremde, die man nicht umgehen kann noch will.

Erinnerst du dich des schönen Russen mit Einem Arm? Er begegnete mir gestern, auf dem Schloß, wir freuten uns beyderseits des Wiedersehns. Er wird durch Weimar kommen. Sodann besuchte mich ein gleichfalls hübscher Junge, der auch schon auf Euch guten Eindruck machte: v. Bülow. Er kommt von Paris, erzählt die seltsamsten Verworrenheiten von dort. Er fragte theilnehmend nach dir, ich gab ihm Gelegenheit von Ulinen zu reden, welches ihm sehr wohl that. Kieser ist in Paris, hat die Aufsicht über alle preusische Hospitäler und noch andre! Bülow erzählte dies scherzend. Jener thue doch solche große Thaten nur aus Verzweiflung, meynte er. Bülow ist würcklich recht hübsch und angenehm.

So wie auf die Gerbermühle, bey schönen Tagen, so zu den köstlichen Bildern wirst du hergewünscht. Ich arbeite einen Aufsatz aus über meine Reise, Herr von Stein forderte mich auf. Überall find ich nur[87] Gutes und Liebes. Bin überall willkommen, weil ich die Menschen lasse wie sie sind, niemanden etwas nehme, sondern nur empfange und gebe. Wenn man zu Hause den Menschen so vieles nachsähe als man auswärts thut, man könnte einen Himmel um sich verbreiten; freylich ist auf der Reise alles vorübergehend und das druckende läßt sich ausweichen.

Deshalb freu ich mich sehr daß du mit Riemers gut stehst, ich wünsche diesen Winter mit ihm das nähere Verhältniß, denn ich bringe viel zu thun mit, bedarf seiner Hülfe und kann ihm helfen. Kreiter kriegt auch vollauf zu thun, diesen grüße.

Zwey Kisten werden ankommen, auch ein Coffre, laßt sie stehn bis ich komme. Das Kästchen habt Ihr längst, ich hoffe zur Freude. Getrocknetes Obst schickt Fr. Schöff Schlosser.

Sage August: Herr v. Gerning habe die berühmte Vase, aus Orientalischem Alabaster, welche im Kloster Eibingen, als Gefäß von Cana in Galiläa, aufbewahrt wurde, grosmüthig spendirt; grüß Hofr. Meyer und sag ihm dasselbe. Übrigens habe noch gar hübsche Alter- und Neuthümer verehrt erhalten.

Nun wüßte nur noch das Wichtigste hinzuzufügen, den Wunsch, daß du dich immer mehr herstellen mögest. Dich zu zerstreuen ist die Hauptsache, sieh immer Leute, und leite dir und mir manches gute Verhältniß ein. Sobald der Grosherzog da war schreibe ich wieder.

[88] Vielleicht folg ich ihm nach Mannheim. Lebe recht wohl und liebe mich. Verlangend dich wieder zu sehen die besten Wünsche

Heidelberg. d. 27. Sept. 1815.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1815. An Christiane von Goethe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7C45-C