47/145.

An Friedrich Jacob Soret

Auf diese Weise, mein Theuerster, wäre das was uns bisher verdroß zu Glück geschlagen; Sie konnten noch den ersten Bogen revidiren, zum Vortheil des Ganzen, und wir können das Übrige nun geduldig abwarten.

Ich habe indessen den zweyten Nachtrag von derWirkung des Büchleins, von der Belebung der Idee und was sich hierauf beziehen möchte, auch schon meist in guter Ordnung und Ausführung; so daß wenn Sie mit demjenigen, was schon in Ihren Händen ist, sich abgefunden haben alsdann keine Stockung eintreten kann.

[175] Ich erinnere mich nicht inwiefern Sie noch vor Ihrer Abreise Kenntniß genommen haben und von dem offenbaren Widerstreit der zwischen Baron Cuvier und Geoffroy de St. Hilaire in der französischen Akademie entstanden ist. Seit beynahe 40 Jahre leben und arbeiten sie neben einander, nicht Eines Sinnes, und sprechen es heftig aus, gerade zu einer Zeit, wo ganz andere Conflicte das Interesse der Menschheit aufrufen. Ich habe, um mein Selbst und der guten Sache willen, einen Aufsatz unternommen, um die Angelegenheit in's Klare zu setzen; es ist dieß schwer, denn beide Parteien streiten gewissermaßen im Dunkeln; ich will sehen ob es mir gelingt das Feld zu erhellen. Es kommt auch wohl eine Zeit zurück, wo man den wissenschaftlichen Angelegenheiten die Aufmerksamkeit wieder gönnen mag.

Ich habe einen muntern Brief von meinem Sohn aus Genua, der sich sehr im Meere gefällt und die unmittelbar gefangenen Austern, wie es scheint, allem übrigen Eßbaren vorzieht. Eckermann, den die Hitze in der Lombardey etwas gedrückt hatte, befindet sich auch wieder wohl und frisch.

Und so lassen wir denn die Franzosen sich wider sich rüsten und gelegentlich todtschlagen. Le Temps und Le Globe cursiren lebhaft, unsre schönen Freundinnen disputiren über die Vorfallenheiten, sind aber darin einig: daß sie als Pariserinnen durchaus Charpie zupfen würden, ohne des Beyspiels der Prinzessin von [176] Orleans zu bedürfen. Blickt man in jenes aufgeregte Nachbarreich, so sieht man wohl daß doch ganz andere Ursache war die Sturmglocke zu ziehen als dort, wo jener überfromme Geistliche dazu eigensinnig Anlaß nahm.

Meine besten Empfehlungen an unsern theuern Prinzen mit dem Wunsch eines erfreulichen Wohlseyns.

Und nun noch eilig von dem für mich sehr erfreulichen Ereigniß, daß ich Stufen gediegenen Goldes und gediegenen Platina, jedes 7 Loth schwer, von Petersburg erhalten habe, die ich dem Freunde vor Augen zu legen wünsche.

treu vereinigt

Weimar den 11. August 1830.

J. W. v. Goethe.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1830. An Friedrich Jacob Soret. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7F12-2