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An August von Goethe

[Concept.]

Nachdem wir uns an deinen Tagebüchern bis zum Abschied aus Mailand geletzt und die Freunde damit erfreut, regt mich deine Sendung von Genua aus meiner einsiedlerischen Ruhe, welche bey eingetretener großen Hitze freylich heilsam und ersprießlich ist. Eine gleiche Temperatur mag dir in deinem beweglichen Leben mitunter wohl beschwerlich fallen; doch ist ja in dem nahen Meere Kühlung zu finden, die herrlichen Gegenstände stärken den Geist und eine anhaltende Transpiration wird dir hoffentlich guten körperlichen Vortheil bringen.

Von uns hab ich wenig zu sagen, Frau und Kinder, außer dem herkommlichen Gebrechen, befinden sich munter und thätig; die Aprikosen unter meinen Fenstern sind zur Reife gediehen, die Knaben lassen sich solche schmecken, das Mädchen zieht die Kirschen vor. Die Geschäfte gehen den täglichen Gang, meine Correspondenz, so wie die zum Druck bestimmten Arbeiten, fordern immer mehr Zeit und guten Humor als mir grade zugetheilt ist; doch bleibt nichts stocken wenn es auch nur langsam vorrückt und so kommt doch eins um's andere zum Abschluß. Nach manchen Seiten hin haben sich neue und fruchtbare Verhältnisse aufgethan.

[168] Die Aushängebogen der letzten Lieferung kommen denn auch nach und nach, die Octavausgabe rückt zu und wirst du wohl den Abschluß bey deiner Rückkehr vorfinden. Möge diese für mich wichtige Epoche mit deiner völligen Wiederherstellung zusammentreffen.

Die Herrschaften leben in Belvedere, nach gewohnter Weise, still und anständig; es leitet sich eine Art von Geselligkeit dort ein die sich freundlich ausnimmt und den Menschen wohlthut. Es wird auch nach dir mit Anmuth gefragt, man freut sich über gute Nachrichten.

Die große papierne Reiterfahne von Mailand hängt noch immer im Saale und gibt zu mannichfaltiger Unterhaltung Anlaß. Die deiner Sendung beygefügten landschaftlichen und architektonischen Blätter auf Mailand und die Lombardie überhaupt bezüglich, geben auch gar hübschen Anlaß die Einbildungskraft dorthin zu wenden.

Vorzüglich aber machen mir und Meyern die gesendeten Medaillen große Freude, geben Belehrung und Aussicht. Findest du dergleichen auf deinen Wegen, so versäume nicht sie dir zuzueignen, selbst bey etwas höheren Preisen. Auch scheu dich nicht vor etwaigen Dubletten; bey der Seltenheit solcher Alterthümlichkeiten geben sie zu vortheilhaftem Tausch öfters Gelegenheit. Bey deiner Sendung waren nur dreye und zwar höchst merkwürdig, ich will sehen ob ich Herrn Friedländer in Berlin damit zu unserm Vortheile dienen kann.

[169] Der Genuß der frischen Austern gönn ich dir zwar, doch wünsch ich daß dir keine von den schädlichen möchten angeboten werden. Der Händedruck als Abschied vom Amerikaner war doch auch recht artig, es wird noch manches Erfreuliche begegnen; möge alles Widerwärtige abgewendet bleiben.

Das in diesen Tagen in Paris eingetretene Unheil, kann zwar auf deine Reise keinen weiteren Einfluß haben, da sich aber dadurch die Geister aller Parteien wieder heftiger aufregen, hat man freylich Ursache auf jede Weise vorsichtiger zu seyn.

Weimar den 9. August 1830.

Unsre Freunde und Brüder Freymaurer hatten ausgefunden daß den Tag vor Johannis mein 50jähriges Jubiläum falle; sie haben es mit einem wohlgeschriebenen Documente und mit Gedichten geehrt worauf ich glücklicherweise am Johannisfest selbst eine poetische Erwiderung überreichen konnte. Hier stehe sie zur Erfüllung des Raums.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1830. An August von Goethe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8000-3