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An Johann Jacob von Willemer

Heute traf alles zum schönsten zusammen, denn eben als ich die Möglichkeit vor mir sah das versprochene Gedicht nächstens abzusenden, kommt Ihr [282] gehaltreiches Packet an, und, durch eine ziemlich natürliche Ideen-Verbindung, tranken wir zu Mittag, an unserem Familientischlein, im köstlichen Eilfer Ihre und der liebwerthen Kleinen erwünschte Gesundheit.

Was ich mir aus Ihren Heften (welche nur der Form, nicht dem Inhalte nach, Bruchstücke sind) gern verdeutlicht habe, ist die Übereinstimmung des gemeinsamen Zwecks, dem wir beyderseits entgegen gehen. Diejenigen unholden Figuren mit denen Sie kämpfen, sind auch meine Widersacher, da wo Sie Sich begründen, ist auch die Region wo ich meinen Grund suche.

Nun tritt aber die Differenz der Individuen hervor! denn indem Sie nach dem Allgemeinen streben, muß ich, meiner Natur nach, das Besondere suchen. Meine Tendenz ist die Verkörperung der Ideen, Ihre die Entkörperung derselben, und in dieser umgekehrten Operation liegt gerade unser Gemeinsames.

Ich erwarte recht mit Verlangen wie die Jenenser sich darüber vernehmen lassen. Es finden sich in unserer Zeitung auch neuerlichst trefflich einsichtige Recensionen: wie, zum Beispiel No. 61 und 62 die heilige Kunst oder die Kunst der Hebräer, von Anton Gügler recensirt worden, wo uns die Übersicht, die wahre Schätzung, die Gabe trübe Stellen aufzuklären, und die mangelhaften zu ergänzen, durchaus zur Bewunderung hinreißt.

[283] Der April eilt zu Ende; in sechs Wochen sollte ich, von rechtswegen, schon wieder in Ihrer Nähe seyn, indessen ist es gerade jetzt, wo jedermanns Verstand still steht, wohl zu entschuldigen, wenn man mit Entschlüssen zaudert. Die Meinigen grüßen zum allerschönsten, das räthselhafte Gedicht will ich einem Meßfreunde anvertrauen.

mit aufrichtigen Wünschen,

W. d. 24. Apr. 1815.

Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1815. An Johann Jacob von Willemer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8060-9