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An Johann Georgund Jeanne Rahel d'Orville

Lieber H. Dorwille liebe Frau
Ich bitt euch nehmts so genau;
Ihr kennt nun doch einmal den Affen,
Wisst ist nichts gescheuts mit ihm zu schaffen.
[81]
Laufft da, was kann wohl tollers seyn!
Wir Kain in die Welt hinein.
Dafür sizt er auch auf dem Sand,
Die Stadt ist ihm ein ödes Land,
Und ist ihm halt die Welt so leer,
Als wenn er erst' nein gekommen wär.
Ihm ist so weh, er schauet nicht
Des liebsten Buben Angesicht,
Hängt nicht dem Mann um Hals und Leib,
Küsst nicht das liebe treue Weib,
Spaziert nicht mehr im Frauenschlepp,
Und hör ach nicht mehr das Beb! Bepp!
Was hilft mir nun das Glockengebrumm,
Das Kutschengerassel, und Leut Gesumm!
Was thät ich in der Kirche gar?
Da ich schon einmal im Himmel war,
Ich Hand in Hand mit Engeln sas,
Mich in dem Himmels blau vergass,
Das aus dem süsen Auge winckt,
Drinn Lieb und Treu wie Sternlein blinckt.
Was hör ich an des Pfarrers Lehr
Die doch nicht halb so kräfftig wär
Als wenn ihr Mündlein lieb und mild
Mich über Fluch und Unart schilt.
Was lachst du Sonne daherein?
Ich bitte dich lass mich allein.
Du lächelst ihren Laden an,
Der heut mir nicht wird aufgethan.
[82]
Aha! Du bist so freundlich hier,
Blickst durch die Rizzen schlau nach ihr,
Und meynst du hättst wohl nie schön
Dadroben einen Engel ruhen seyn.
Der Tag rückt weiter nun heran
Besuch! – Ah was geht der mich an!
Ich bilde mir so freundlich ein,
Ich säs noch draus mit euch allein.
Der Mann raucht seine Pfeife Toback,
Man fuschelt in dem Arbeitssack,
Man wickelt Seide, es lässt sich an
Als würden Wunderstreich gethan.
Ein Medizinisch Dejeuné,
Mit Selzer Wasser und Caffe;
Nach Fastenbretzel wohlgeschmiert,
Kommt Haas und Wein hereinspaziert.
Lili muss ieden Lusten stillen,
Das all um ihres Mangens willen.
Die Kinder kommen angehuppt,
Mann wird zur Thüre 'naus geschwuppt!
Ist allen so wohl ohn Unterlass;
Ach lieber Gott, mir auch so was!
Frau Dorwille wo mag Lili seyn?
Ist sie in ihrer Strub allein? –
Sie hat die Stirn in ihrer Hand!
Was ist ihr in dem Freudenland?
[83]
Soll das ein böses Kopfweh seyn?
Oder ach! ist's etwan andre Pein?
Geh liebes Mufti, ich bitte dich,
Klettr' ihr auf den Schoos, küss sie für mich.
Schreib Daher, Hanne Buzzi du
Küss ihr die Hand, lass ihr nicht Ruh.
Mach Ali Bey dich auch an sie,
Schmieg dich ihr liebend an das Knie.
Und Abu Dahab komm getrollt,
Sey freundlich biss sie sagt: Du Gold!
Dich herzlich auf dem Arme küsst,
Und hoffend allen Schmerz vergisst.
Der alte Friedrich kommt und fragt:
Was heut den Damen wohl behagt?
Er soll Kapaun und Wildpret tragen!
Lili hast du ihm nichts zu sagen?
Schon wart ich auf das alte Gesicht,
Ich bin untröstlich kömmt er nicht.
War der H. Docktor noch nicht da?
Sang Andere nach kein Trallallra?
Oho dadraus gehts bunt ia her
Als ob der Teufel ledig wär.
Eins, zwey, drey! Kling! Klang! Krack! en garde
Kling! Rompes! Klang! paies ma quatre.
So mag es wohl dem Teufel seyn
Wenn er in seiner Höll allein
[84]
Nach Himmels Freunden seufzt und klagt
Dass ihn der Unmuth r'ausgejagt.
Doch hab ich weit ein besser Loos,
Die Klufft ist lange nicht so gros;
Bin ich euch mit Leib und Seele nah
Pliz! Plaz! So bin ich wieder da

Goethe. [85]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. Undatierte Briefe. 1773-1832. An Johann Georgund Jeanne Rahel d'Orville. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-829A-C