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An Christiane Vulpius

Stäfe am 23. Sept. 1797.

Ich habe nun endlich glücklich diesen Ort erreicht und bin mit Meyern sehr vergnügt und zufrieden bey[305] den Seinigen, in einem sehr reinlichen und artigen Hause, umgeben von einer ganz herrlichen Gegend. Wie mir es seit Tübingen gegangen ist erfährst du in der Beylage. Ich wünsche nichts so sehr als daß ich dir dereinst und dem Kleinen die schönen und herrlichen Gegenstände auch zeigen könnte.

Von dir habe ich seit langer Zeit nichts gehört, wahrscheinlich stocken deine Briefe, weil sie bisher über Frankfurt gegangen sind, irgendwo, desto regelmäßiger wirst du die meinigen empfangen haben.

Durch Herrn Geheimde Rath Voigt habe ich vernommen daß der Kleine krank und auf der Beßrung war, heute schreibt mir Herr Hofrath Schiller daß das Kind wieder völlig hergestellt sey, sein Brief ist vom 7. Sept., ich bin also hierüber beruhigt, da ich vermuthen kann daß das Außenbleiben deiner Briefe nur etwas Zufälliges ist.

Bis jetzt ist es mir sehr wohl gegangen und ich hoffe das gute Glück soll mich auch fernerhin begleiten. Wir gedenken nun nach einigen Tagen eine kleine Fußreise durch einige Gegenden der Schweiz zu machen und ohngefähr in 14 Tagen wieder zurück zu seyn. Ich füge eine Addresse bey wie du künftig deine Briefe nur unmittelbar auf die Post geben kannst.

Wenn alles geht wie sich jetzo vermuthen läßt, so sind wir vielleicht Ende Octobers schon wieder in Frankfurt, worüber du wohl ganz zufrieden seyn wirst. Halte daher alles auf's beste zu recht, es soll dagegen [306] auch, da wir einmal im Lande der Mousline sind, an einem hübschen Kleide von dieser Art nicht fehlen. Das beste wird aber doch seyn daß wir wieder zusammenkommen und einander in Freude und Leib beystehen können.

Nun muß ich dir noch mit eigener Hand einiges hinzufügen und dir sagen: daß ich dich recht herzlich, zärtlich und einzig liebe und daß ich nichts sehnlicher wünsche als daß deine Liebe zu mir sich immer gleich bleiben möge. Mit meinen Reisen wird es künftig nicht viel werden, wenn ich dich nicht mitnehmen kann. Denn jetzt schon möchte ich lieber bey dir zurück seyn, dir im grünen Alcoven eine gute Nacht und einen guten Morgen bieten und mein Frühstück aus deiner Hand empfangen. Auch ist unser Plan gemacht bald zurückzukehren und wonicht Ende Octbr. doch Anfang November in Franckfurt zu seyn. Diese Nachricht wird dich gewiß erfreuen und noch mehr wirst du dich vergnügen wenn du uns wieder bey der guten Mutter weißt, von da aus wir in wenigen Tagen bey dir seyn können. Sage aber niemanden noch davon und laß die Leute im ungewissen ob und wann ich komme. Dencke meiner und mache nicht zu viel Äugelchen, am besten wäre es du machtest gar keine, denn es ist auch mir auf der ganzen Reise noch kein einziges vorgekommen. Dagegen wird nur an dich gedacht und ein schönes Musselin Kleid ist im Handel. Lebe wohl. Küsse den Kleinen den ich wieder recht wohl anzutreffen [307] hoffe. Grüße Ernestinen und die Tante. Behalte mich lieb und bereite alles schönstens zu unserm Empfang.

Unter meine gewönhnliche Adresse setzest du nur:bey Herrn Ott zum Schwerdt in Zürch. und giebst den Brief ohne weiters auf die Post und franckirst biß Schafhausen.

G.


Heute erhalte ich einen Brief von G. R. Voigt vom 11ten der mir schreibt daß Gustel ihn wieder besucht hat und wohl und artig ist. Ich bin dadurch recht getröstet und erfreut ob ich gleich noch keinen Brief von dir habe.

Stäfa d. 26ten Sept. 97.

G.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1797. An Christiane Vulpius. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-82E9-9