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An Christian Gottfried Ehrenberg

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

haben sich durch die reichhaltige Sendung ein großes Verdienst um mich erworben; es sind vierzig Jahre verflossen, seit ich mich auch um jene geheimnißvollen [5] Tiefen bemühte, als ein treffliches Mikroskop auf einer Reise mir dergestalt beschädigt wurde, daß eine verspätete und nicht einmal glückliche Wiederherstellung mich von ganz andern Beschäftigungen und Neigungen befangen antraf, und ich bisher alle einzelnen Versuche mich wieder dorthin zu begeben vereitelt sah.

Nun aber kann ich mit größter Bequemlichkeit und Klarheit mich wieder ungescheut in solche Abgründe wagen, deren Schätze Sie uns zugänglich an das Tageslicht hervorheben.

Sehr schön und tröstlich für denjenigen, der im Allgemeinen einen ewigen Zusammenhang zu finden glaubt, ist die Bemerkung, daß in dem Wasser unter allen Himmerlsstrichen sich gleiche einfache Gestalten hervorthun, die sich denn hernach durch Entwicklung und Assimilation, als den Haupt-Wirksamkeiten des Lebendigen, auf das wunderbarste vermannichfaltigen mögen. haben Sie Dank für die Facilität, wie wir uns diese Geschöpfe näher gebracht sehen.

Eben so war es mir und meinen Freunden höchst erfreulich, wie Sie uns die Phänomene der Wüste, von allem Imaginativen und Apprehensiven entkleidet, in näherer Wirklichkeit heranführen, daß wir sie als dem gemeinen Leben verwandt gleichfalls betrachten können. Wie vieles wäre zu sagen, weshalb ich denn wohl mich in die Gegenwart eines solchen Forschers wünschte, um an jenen Entdeckungen, deren eine aus der andern sich nothwendig entwickeln muß, gleich bey [6] dem ersten Gewahrwerden theilnehmen zu können. Denn obgleich die Mittheilung durch den Druck zu unsrer Zeit große Bequemlichkeit bietet, so begreif ich doch gar oft, wie ältere und neuere Forscher sehr wohl handelten, wenn sie sich selbst auf den Weg machten, um diejenigen in ihren Werkstätten zu besuchen, welche mit ihnen gleiche Zwecke zu erreichen strebten.

Wie manche Betrachtungen muß ich ablehnen und darf meine Dankbarkeit gegen Herrn Professor v. Froriep wegen gefälliger Vermittelung nur mit dem Wenigsten aussprechen, um recht bald mich hochachtungsvoll zu unterzeichnen.

Weimar den 6. November 1830.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1830. An Christian Gottfried Ehrenberg. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-847B-6