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An Johann Friedrich Reichardt

Ihr Brief, mein lieber Reichard, trifft mich in einer sehr unpoetischen Lage. Ich arbeite an meinem anatomischen Werkchen und möchte es gern noch auf Ostern zu Stande bringen. ich danke Ihnen daß Sie Sich meiner emancipirten Kinder annehmen, [234] ich denke nicht mehr an sie. machen Sie damit was Ihnen gut däucht, es wird mir lieb und recht seyn.

Eine große Oper zu unternehmen würde mich jetzt viel Resignation kosten, ich habe kein Gemüth zu allem diesen Wesen, wenn es aber der König befehlen sollte, so will ich mit Vergnügen gehorchen, mich zusammen nehmen und nach bestem Vermögen arbeiten.

Auf Jery und Bätely verlange ich sehr, wie auch auf die andern Sachen.

An den Conte hab ich nicht wieder gedacht. Es können die Geschöpfe ich nur in ihren Elementen gehörig organisiren. Es ist jetzt kein Sang und Klang um mich her. Wenn es nicht noch die Fideley zum Tanze ist. Und da können Sie mir gleich einen Gefallen thun, wenn Sie mir auf das schnellste ein halbdutzend oder halbhundert Tänze schicken aus Ihrem rhythmischen Reichthume, zu Englischen und Quadrillen. Nur recht charakteristische, die Figuren erfinden wir schon.

Verzeihen Sie daß ich mit solcher Frechheit mich an einen Künstler wende. Doch auch selbst das geringste Kunstwerk muß der Meister machen. wenn es recht und ächt werden soll.

Geht mirs dann im Tanze und Leben leidlich, so klingt ja wohl auch eine Arie wieder einmal an.

Kants Buch hat mich sehr gefreut und mich zu seinen früheren Sachen gelockt. Der teleologische [235] Theil hat mich fast noch mehr als der ästhetische interessirt.

Für Moritz hoffe ich noch immer, er ist noch jung und hilft sich wohl durch. Grüssen Sie ihn herzlich.

Ihr Freund Schuckmann ist mir sehr lieb geworden. Sagen Sie mir: sitzt er in Schlesien so fest daß er gar nicht zu verpflanzen wäre?

Leben Sie recht wohl. Diesen Winter komme ich schwerlich nach Berlin. Grüßen Sie die Ihrigen und lieben mich.

W. d. 25. O. 90.

G. [236]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1790. An Johann Friedrich Reichardt. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8589-D