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An Marianne von Willemer

Die lustigen Italiäner sendete ich auf Ihren Wink, meine Theuerste, alsobald ab und füge nur hinzu: Sie mögen einige angenehme Unterhaltung und Erinnerung durch diese neckische Leutchen gewinnen! Wenn sie in der Hälfte januars wieder zu mir kommen, so treffen sie just in die Epoche, wo man ihrer bedarf, weil man ihrer bedarf, weil man denn doch immerden vergebenen Versuch erneuert, so neckisch zu seyn wie sie. Da gehörten aber freylich leichtere Glieder und Gemüther in einer behaglichen Atmosphäre dazu.

Den guten Eckermann hätt ich Ihnen näher bekannt gewünscht. Das Problematische an ihm löst sich auf, wenn man erkennt, daß er eine einfach reine Seele ist, diemit sich und der Welt ebenfalls gern rein seyn möchte. Wie wenige jedoch gelangen dazu! [16] Ein Wesen wie das seinige kann sixh nur nach und nach offenbaren.

Ich weiß nicht genug zu danken für die von Zeit zu Zeit übersendeten Stachelgewächse; sie halfen mir manchen freundlichen Mittag erheitern. Wenn man die Früchte besserer Climaten genießt, so wird man augenblicklich hinüberversetzt und die Einbildungskraft erhöht den Genuß.

Eben so soll auch der zugesagte Senf willkommen seyn; welchem allem aber ich noch einen Wunsch hinzufüge. Mein Arzt verlangt, ich soll manchmal von eingemachtem Ingber etwas genießen, wie wir ihn sonst aus Indien von holländischen Gönnern erhielten. Diese Quelle versiegte nach und nach, gewiß aber werden die Frankfurter Conditor dergleichen eben so gut bereiten. Mögen Sie ein Glas oder Tüpfchen mir einpacken lassen, so denken Sie dabey, daß Sie mcih oft bey'm Dessert erfreuen.

Boisserée erfuhr jetzt erst, durch jene werthe Reisende, daß seit jenen schönen Zeiten immer noch eine Ordinari-Post zwischen der Mühle und Weimar im Gange sey. Der Gute scheint nicht geahnet zu haben, daß es außer Herrn v. Nagler noch treffliche Postdirectoren gibt; ja man kann behaupten, daß ihn Hudhud mitunter beschäme.

Mein Sohn hat auf eigne Weise, mit Heil und Unheil, zu Land und Wasser, seine Reise über Neapel[17] nach Rom vollbracht, von da er nn wohl sachte zurückkehren wird.

Sterne hat uns Beywörter von allerlei Reisenden gegeben; ich möchte diesen den Kühnen, Vollständigen benamsen; wenn er zuletzt glücklich nach Hause gelangt, so soll er willkommen seyn. Er hat alles gesehn und durchgeschaut, woran ich vorüberging. Die Aufgabe, die auf mir lag, war freylich bedeutend. Sie haben wohl in meinem kleinen Büchlein, vielleicht auch da oder dort, den Zuständen, in welchen ich mich befand, einige Aufmerksamkeit geschenkt.

Nun aber wollen wir abschließen, damit jene lustigen Vögel nicht einen allzu großen Vorsprung gewinnen.

Noch eine Frage: haben Sie den berühmten Berliner Prachtaufzug Lalla Rookh, der vor einigen Jahren aufgeführt wurdee, schon gesehen? Wo nicht, so soll er, wenn jene Hasenfüße zurückkehren, ungesäumt in aller seiner Herrlichkeit vor Ihnen auftreten. Zugleich auch eine gränzenlose Ritterschaft, welche nicht schlecht paradirt und sich, zwar modern, doch dem Mittelalter genugsam angenähert erweisen wird.

und so fort an!

Weimar den 9. November 1830.

Goethe. [18]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1830. An Marianne von Willemer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8609-3