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An Johann Kaspar Lavater

Weimar den 7. Febr. 1780.

Ich muss dir von dem, was bisher vorgefallen Nachricht geben. Angekommen ist ausser deinem lezten Transport von dem du schreibst wo bei der Correge ist, alles ganz glüklich. Der Hamilton zulezt, und zugleich dein Paquet mit der Abschrift der Offenbahrung. [171] Ich muss sagen ie mehr ich die erste Capitel lese ie mehr gefallen sie mir, auch finden sie bei iedermann Beifall. Nicht so ist es mit der zweiten Helfte des Buchs. Ich glaube aber auch zu finden, worinn mich andre bestärken, dass die andre Helfte des Buchs bei weitem nicht den Werth wie die erste hat. Ihr habt, wie ich höre eure Stimmen über Herders Buch viritim gesammelt und ihm zugeschikt. Ich habe sie noch nicht zu sehen gekriegt.

Deine Albrecht Dürers, Martin Schön und Lukas von Leiden, die du von Toggenburg und von Heideggern hast sind alle schon recht schön von ihren alten Papieren losgelöst und warten nur drauf bis der lezte Transport deines eignen ankommt um wieder in recht schöner Ordnung aufgetragen zu werden. Ich hoffe du sollst an dieser Sammlung, wenn sie fertig ist ein Vergnügen haben. Ich werde dir ieden Meister besonders halten und von denen wo ichs wissen kann den Werth der Blätter und Abdrüke bestimmen. Bei der Albrecht Dürerischen Sammlung, will ich so viele Blätter als mir Stüke fehlen frei lassen und die Nummern drauf schreiben, dass du sie wenn du sie künstighin bekömmst nur einkleben darfst. Von den Martin Schöns und Lukas von Leiden kenn' ich keinen kompletten Catalogus kann es also damit nicht eben so machen. Einige Blätter die dem Herzog in seiner Sammlung fehlen, werd ich dir zurükbehalten, dafür wirst du aber die er doppelt besizt und die ich sonst [172] für dich auftreiben kann bei den deinigen mit eingeheftet finden. Das getuschte Portrait von dir, das in der Offenbahrung lag hab' ich sogleich als wenn dus vor mich hinein gelegt hättest angenommen. Es ist wenn man sich erst mit der Trokenheit und Bestimmtheit verglichen hat, wie mich dünkt, ein sehr gutes Bild.

Ich bitte dich mir auf das baldeste ein kleines producibles Avertissement zu schreiben deine französische Phisiognomik betreffend, sowohl, welchen Weeg du einschlägst das Buch dem Publiko nüzlich zu machen, als auch vorzüglich wie viel man dafür bezahlen soll und wann man das Buch erhalten wird, was ich dir alsdenn auf diese bestimmte Anzeige für Subscribenten verschaffen kann will ich gerne thun, denn gegenwärtig scheut sich iedermann, sich in ein Wert ein zulassen das so weit wie dein teutsches Werk führen und so theuer zu stehen kommen könnte.

Aus beiliegendem Briefe wirst du ersehen dass dein befehlendes Gebät nicht überall durchgeht. Lass, ich bitte, die Sache ruhen, und thue wenn du ihm wieder schreibst weiter nicht als wenn was gewesen wäre. Wenn wir einander was zu Gefallen thun können wollen wir's thun und andre ungeplagt lassen.

Semlers ganzen Brief an dich mögt ich sehen.

Ich habe vierzehn Tage eine Art von Catharfieber gehabt und muss noch iezo mit meiner Arbeit ganz sachte zugehen. Vergiss doch ia nicht mir die [173] Lotte kopieren zu lassen. Schmieds Bibel wirst du haben.

Die Cenci und zwei Gluks warten auf einen Fuhrmann.

Grüse deine Frau und deine Kleinen, Bäben und Pfenningern. Schreib mir manchmal was du machst dass wir beisammen bleiben.

G.


NB. Einige meiner Freunde denen ich sagte du hättest dem Buche wollen, Messiade Johannis zum Titel geben, haben ihn sehr schicklich gefunden, sie sagen zwar auch mit mir dass der Seitenblick auf Klopstock einen Augenblick anstose, es sey aber weil doch dieses Buch weit mehr als ein andres und in deiner Behandlung tausendmal mehr als Klopstocks Gedicht den Messias vergöttre, ein guter Gedancke dies Buch Messiade zu heissen, und dadurch das Licht auf den Leuchter zu stecken. Thu was du meinst. Ich habe offt für lauter Recht würcklich unrecht.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1780. An Johann Kaspar Lavater. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-87CA-9