[111] 20/5530a.

An Christian Gottlob Voigt

Weimar, 1. Mai 1808.

Nach dem gegen die unbefugten Freimaurer in Jena ergangenen Verbote wäre wohl noch ein Schritt zu thun, daß man einer andern, schon lange daselbst im Stillen befindlichen Loge, bey welcher der Vicebürgermeister Slevoigt, so viel ich weiß, Meister vom[111] Stuhl ist, das sogenannte Arbeiten untersagte. Aber mehr als alles Untersagen ist wohl nothwendig, daß man selbst etwas thue und veranstalte, weil der Zudrang zu diesen Quasi-Mysterien im Momente wirklich sehr groß ist.

Serenissimus haben neulich in einer Unterredung dasjenige summarisch angegeben, was im Nachstehenden nur wenig ausgeführter aufgezeichnet ist. Das Räthlichste wäre, die Loge Anna Amalia zu den drey Rosen wieder zu beleben, und zwar meo voto ganz nach dem Ritual, weil es nachher immer noch frei bleibt, sich zu dieser oder jener Verbesserung oder Abartung hinzuneigen.

Außer dem Geheimderath v. Schardt, dem Legationsrath Bertuch und Unterzeichnetem sind, soviel ich weiß, keine Meister dieser Loge hier mehr übrig. Die übrigen Glieder der geringeren Grade könnte man allenfalls ausmitteln, und die Frage wäre, ob man nicht des Herrn Geheimrath von Fritsch Excellenz disponieren könnte, diese Loge wieder zu eröffnen; wozu man andere hier befindliche Ordensglieder einladen und die Officiantenstellen provisorie besetzen könnte. Lehnte dieser es ab, so wäre es vielleicht am kürzesten gethan, wenn man Herrn von Beulwitz, den Meister vom Stuhl der Rudolfstädter Loge, einlüde, eine solche Eröffnung vorzunehmen, welcher einige andre Brüder mitbrächte, um der Sache ein gewisses Geschick und Ansehen zu geben.

[112] Hätte man nun hier, im Ablehnungsfalle des Herrn Geheimrath von Fritsch Excellenz, einen neuen Meister vom Stuhl bestellt, so könnte man (und vielleicht wäre alsdann der Johannistag der schönste Termin) die Jenaischen Brüder, sowohl die vorschnellen als die zurückhaltenden, zu einem Logenfest zusammenberufen, vielleicht einige Lehrlingsaufnahmen vornehmen und was sonst zu geschehen pflegt, um dergleichen Epochen zu verherrlichen.

Serenissimus gedachten dieser Angelegenheit dringend. Ich bringe sie an Ew. Exzellenz durch dieses flüchtige Blatt, meine Ankunft zugleich meldend, nur mit der Anfrage, ob es Ihre Beystimmung habe, wenn ich, nach vorstehendem Sinne, mit Geheimrath von Schardt und Legationsrath Bertuch spreche, das Weitere überlege und gemessenere Vorschläge zu Papier bringe, um bey Serenissimi Wiederkunft Höchstdenenselben vorgelegt zu werden.

Goethe. [113]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1808. An Christian Gottlob Voigt. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8941-B