6/1541.

An den Herzog Carl August

[Anfang August.]

Bey der Büttnerischen Bibliothek-Angelegenheit ist verschiedenes zu bedenken. Besonders da, außerdem was bisher vorgekommen, Magister Grellmann eine nicht unwahrscheinliche Aussicht giebt, daß Büttner wohl seinen Büchern nach Jena folgen mögte.

Serenissimus haben einmal diese Bibliothek acquirirt und es wird selbige wenigstens an 8000 Thlr. zu stehen kommen. Diese Ausgabe sei nun successiv oder nicht, so ist sie immer ansehnlich genug. Nächst diesem kommen die Transportkosten, worunter ich die Douceurs vor Grellmann mitrechnen will. Ferner was die Aptierung des Platzes hier oder in Jena, wo sie aufgestellt werden soll, kosten wird. Diese drey Ausgaben sind ganz und gar unvermeidlich und sind zum Theil noch ganz bevorstehend, man wird also darüber sogleich zu denken haben. Magister Grellmann wünscht, daß sogleich einige Fuhren nebst Kisten von hier nach Göttingen gehen mögten. Was diesen Punkt betrift, so mögte es wohl nothwendig seyn, vorhero noch einmal an Grellmann zu schreiben, ob er so weit in Bereitschaft sey, daß die Bücher gleich gepackt werden könnten und die Fuhren nicht aufgehalten würden. Vor allen Dingen aber wäre wegen des Platzes, wo die Bibliothek hinzubringen, in Jena [23] sich umzusehen. Da ich mit völliger Überzeugung gegen alle neue Acquisitionen und weitaussehende Pläne stimmen muß, so würde ich mein Auge vorzüglich auf das neue Convictoriengebäude wegen Nähe der Bibliothek richten. Sollte dieses nicht angehen, so wäre meines Bedünkens im Schlosse hinreichender Platz. Unten auf der Erde linker Hand ist ein großer Saal, worinn die Studenten Comödie gespielt haben. Rechts eine Art von Gallerie, die eine schöne Breite und Höhe hat. An beyde Orte kann schon eine ungeheure Menge Bücher placiret werden. Wollte man eine Treppe hoch, wenn man hinauskommt, rechts die Zimmer noch dazu nehmen, so garantire ich daß die Büttnerische Bibliothek Platz haben soll. Wie denn auch das Naturalienkabinet im zweiten Stocke noch einmal so reich werden kann, ehe es mehr Platz braucht, als es gegenwärtig einnimmt, so blieben alsdann noch immer Serenissimo, wenn Sie nach Jena kommen alle die Zimmer im ersten Stock, wenn man hinaus kommt linker Hand und zum Speißen, wenn Sie viele Personen hätten, das runde Säälgen im Thurm, der Zimmer in der Reitbahn, wo ich noch nicht gewesen bin, nicht zu gedenken. Hier hatte man denn also einen sehr schicklichen und geräumigen Platz und die Ausgabe wäre allein für Repositorien und Schränke, welche immer noch ein ansehnliches betragen würden. Man könnte daher auf das baldigste, weil dieses das erste ist, von Grellmann Nachricht einziehen, wie viel [24] Quadratfüße Wand ohngefähr die Bibliothek bedecken werde, welches, da sie gegenwärtig noch steht, sehr leicht auszurechnen ist. Nach diesem also wäre keine Frage, daß man mit dem Transport den Anfang machte und Büttner von Michael an seine 300 Thaler Pension jährlich erhielte.

Ich komme nunmehr zu dem zweiten Punkt, der Bütttners Person selbst betrifft. Es scheint mir nach seinem Verhältniß zu der Akademie als auch zu seinen Kreditoren, daß er besonders, wenn Grellmann zu manövriren fortfährt, in Friede weder bleiben noch scheiden mögte, worauf man sich denn allerdings vorzusehen hat. Daß er für Jena von großem Nutzen seyn werde, glaube ich nicht, ob es gleich immer den Lärm und den Ruf vermehrt und von der Seite gute Wirkung thun kann, wenn man ihn ohne große Unstatten dahin bringen könnte, nach Jena zu ziehen. Dort zu privatisiren und sein Leben zuzubringen und dort sein Geld zu verzehren, mögte nicht übel seyn. Man könnte ja allenfalls seine jährige Pension erhöhen, weil man nicht viel verlöhre, sondern nur geschwinder von dem ganzen Kapital loskäme. Ein freyes Quartier ließe sich ihm villeicht sehr leicht und angenehm verschaffen, wenn man Lodern ein andres Quartier miethete und ihm die Zimmer, die der Obrist inne gehabt eingäbe. Einige Umstände, die dies erleichtern, werde ich mündlich eröffnen.

Wenn seine Gläubiger sich regen und ihm beschwerlich [25] werden wollen, müßte und würde man freylich am Ende sich ins Mittel schlagen. Besonders wenn man sich wegen des früher bezahlten Kapitals an dem verminderten Preiße des Ganzen villeicht noch einigermaßen zu entschädigen suchte. Überhaupt muß ich in dieser ganzen Sache wünschen, daß auf das menagirlichste zu Werke gegangen werde. Besonders auch, damit man nicht etwa am unrechten Orte knickern müsse, da Serenissimus gegen den alten Mann schon so großmüthige Gesinnungen gezeigt, die er auch in der Hauptsache und ohne zu große Unstatten der fürstl. Casse souteniret wünschet. Vorerst wäre also an Grellmann zu schreiben 1. Wieviel Platz die Bibliothek eingenommen. 2. Ob es so weit, daß einige Fuhren, die man abschickte, nicht zu warten brauchten. 3. Kasten wolle man schicken, sie alsdann auspacken und leer wieder nach Göttingen gehn lassen.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1782. An den Herzog Carl August. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8A23-7