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An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

[21. März.]

[Brief Eichstädts:]

Ew. Hochgeboren

wollte ich vergangener Woche keine Unzeitige Störung verursachen; desto mehr folgt heute. Nämlich:

A. Ein Brief von Professor Wagner in Würzburg. Er zeigt sich auch darin ein Mann von Kraft und Unternehmung, aber sein Beytritt wird uns manche Noth machen.


Ad. A. Mit Herrn Wagner rathe sachte zu gehen. Der hochfahrende Thon seines Briefes gefällt mir nicht. womöglich verschaffen mir Ew. Wohlgeb. die Recensionen des Alarcos in den Süddeutschen pr. Annalen, daß man doch sehe inwiefern diese Klaue auf einen Löwen deute.


Selbst die beygefügte Anzeige würde schwerlich ohne Beleidigung des koburger Hofes in unserer Zeitung abgedruckt werden können.


Bin derselben Überzeugung. Auch ist es kein hübscher Zug, Notizen von ausgeschlagnem Ruf selbst ins Publicum zu bringen.


B. Briefe von Reichardt und Delbrück zu Berlin, die mir große Freude gemacht haben.

Ad. B. Beyde erfreulich.

C. Zwey politische Recensionen von Hennings.

Ad. C. No. 220 ist und bleibt eine traurige Nummer.

[98] D. Eine belletristische von demselben und eine andere über dasselbe Buch von Schorch in Erfurt. Vielleicht aber ist's am besten den Schorch wie die Expectorationen in unserer Zeitung ganz zu übergehen. Ich erwarte darüber Ihren gütigen Wink.

E. Ebenso über die Recension von 276 (Herrn Bode in Weimar).


Ad. D. Wie schon gesagt: über sogenannte Belletristik müssen wir uns einmal recht aussprechen. Es giebt immer eine schreckliche Marmelade, wenn dilettantische Schriften von Dilettanten beurtheilt werden: der Nagel hat keinen Kopf und der Hammer trifft falsch. Hier tritt nun noch gar das Pasquillantische mit ein. Bin daher völlig Ihrer Meinung. So auch

ad E.


F. Antwortschreiben von Reinhold nebst Recension, die ich nochmals beylege. Vielleicht treffen Sie Selbst einige Änderungen im Ausdruck oder bezeichnen wenigstens die Ihnen anstößigen Stellen. Seite 14 und 19 habe ich einiges zu tilgen gewagt. Da auch Jacobi, der jetzo in Hamburg ist, um diese Recension gemahnt hat, so wird sie [99] kaum länger vorbehalten werden können, obgleich ich sehnlich der Sendung von Steffens entgegensehe.


Ad. F. Lassen Ew. Wohlgeb. die Recension nur drucken.

Die Milderungen sind glücklich; an einer Stelle, Seite 14, habe ich einen Vorschlag aufgeheftet.

Den interessanten Brief behalte ich hier, um ihn mit der Recension, wenn sie gedruckt ist, zu vergleichen.


G. Ideen über Pädagogik, welche Gruber, und Reflexionen, welche Falk unter den Strich gegeben haben. Ich unterwerfe alles, was auf dieses von Ihnen geheiligte Plätzchen Anspruch macht, Ihrer Würdigung, aber beides scheint mir an diesem Platze nicht recht geeignet, am wenigsten die Falki schen Aufsätze, welche Weitschweifigkeit mit Dunkelheit und Personalsatyre mit allzugeschraubtem Witze paaren.


Ad. G. Meo voto ließe man in einer ohnehin so schwierigen Materie erst Herrn Spazier eine Weile seinen Gang gehen, ohne ihm einzureden. Findet man späterhin nöthig sich zwischen den Recensenten und den Autor oder zwischen beyde und die Sache zu stellen, so muß es mit großem Vorbedacht geschehen. Daß ein so guter Kopf, wie Freund Falk ist, so wunderliche Dinge schreibt, die man in keinem Sinne billigen kann, ist betrübt und verdrießlich.


H. Brief und Recension von dem jungen Voß mit den besten Empfehlungen des mit jugendlicher Heiterkeit jetzt arbeitenden Vaters.


Ad. H. Die Recension gefällt mir sehr. Ew. Wohlgeb. als Sach- und Formkenner sey eine nähere Beurtheilung überlassen. Einige wenige Bitterkeiten wären wohl wegzulöschen. Bezüglich auf [100] unser Osterprogramm wird sie recht gut thun.

(Wegen der angestrichnen Ausdrücke Seite 8 habe ich dem jungen Voß geschrieben.)


I. Nachricht über die Jesuiten, aus Heilbronn eingesandt. Würden sie im Intelligenzblatt Anstoß finden?


Ad. I. Wäre wohl zurückzulegen. Wollten aber Ew. Wohlgeb. von solchen Notizen sich eine Sammlung machen (betreffend Jesuiten, geheime Gesellschaften, Kryptokatholicismus etc.) so könnte man vielleicht in einiger Zeit von Resultaten Gebrauch machen. Diese Gespenster und Unholden wird man nicht los.


K.Ugolino von Buehlendorff. Vielleicht gefällt es Ew. Hochgeboren ein Wort darüber zu sagen oder eine Anzeige anderswo zu veranlassen.


Ad. K. War schon im Manuscript bey mir und konnte ich ihm nichts abgewinnen, wie jetzt im Druck. Ich müßte mich sehr irren oder es ist eine von den Productionen, wie sie jetzt möglich werden: null ohne schlecht zu seyn. Null, weil sie keinen Gehalt hat; nicht schlecht, weil eine allgemeine Form guter Muster [101] dem Verfasser vorschwebt; dabey nicht unangenehm, weil eine leidliche Natur hervorblickt, nichts Unvernünftiges, Fratzenhaftes erscheint – ohngefähr wie Meyers Tobias. Man könnte im belletristischen Fache recht aufräumen, wenn man gleich ein paar Dutzend solcher Arbeiten zusammennähme und unter dieser Rubrik abfertigte. Leider aber machen die Mittelmäßigkeiten dem Urtheil mehr zu schaffen, als die guten und schlechten Werke.

Den Ugolino lasse ich noch kurze Zeit bey mir liegen. Halten Sie doch auch die Recension von Meyers Tobias noch zurück.


Ich erlaube mir noch die Fragen beyzufügen: (a) ob der Geheime Rath Schmalz geantwortet? und (b) ob von Voß Gedichten noch vor der Messe die Recension erwartet werden [102] darf? Dem guten Voß würden Sie durch Erfüllung dieses Wunsches eine große Freude bereiten.

Mich unterthänig empfehlend.

Jena den 18. März 1804.

Eichstädt.


Ad. a. Habe noch keine Antwort.

Ad. b. will ich mein mögliches thun. Wenn ich mich in meiner Lage nur concentriren könnte, so wäre dies und viel mehr zu thun.


L. Noch einen Brief von Rehfues. Da ich bald zu antworten gedenke, so beehren Ew. Hochgeboren mich vielleicht sonst noch mit Aufträgen.


Ad. L. Nach Rom wüßte ich jetzt nichts. Ich glaube wohl, daß uns Rehfues nützlich werden kann.


Für das Fach der italienischen Literatur hat sich auch Dr. Münter in Kopenhagen erboten, der alle vorzügliche Novitäten aus Italien bekommt.


Ist recht schön! Eine Abschrift des von Herrn Münter eingesendeten Schriftenverzeichnißes erbitte mir gelegentlich.


Sämmtliche Briefe erbitte mir baldigst zurück, weil ich bis dahin die Beantwortung derselben verschiebe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1804. An Heinrich Carl Abraham Eichstädt. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8BF7-0