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An die Hoftheater-Commission

Es ist wohl keiner Frage unterworfen, daß Herzogliche Theater Commission sich der in der letzten Zeit sehr ausgearteten Redouten anzunehmen Ursache habe, und solche wieder emporzubringen. Denn sie befördert dadurch das allgemeine Vergnügen und ihnen eigenen Vortheil. Das letzte besonders indem sie den Werth des Abonnements erhöht als mit welchem die freye Entree auf die Redoute verbunden ist, und zugleich den Stadtrath in den Stand setzt, den schuldigen Pacht abzutragen. Unterzeichneter hat, auf Veranlassung mehrerer werther Personen, über die Sache nachgedacht und legt Gegenwärtiges zu gemeinsamer Berathung vor.

Der Verfall der Redouten schreibt sich von der Zeit her, da der Hof sie nicht mehr besuchte. Hierauf zog sich der Adel und nach alle Personen [121] von gewissen Anstande zurück, und sie sind gegenwärtig entweder leer oder nicht von der besten Gesellschaft besucht. Diese öffentliche Lustbarkeit wieder zu heben, geschehen folgende Vorschläge, welche sehr schicklich zum 30 Januar oder zu der für Serenissimae Geburtstag bestimmten Redoute könnten in Ausführung gebracht werden.

1.) Man suchte bey Hofe nach, daß wenn man sich auch nicht schmeicheln dürfte die höchsten Herrschaften selbst zu sehen, doch einige Repräsentanten abgesendet würden, etwa in den Personen des Herrn Geheimenrath von Einsiedel und Cammerherrn von Spiegel. Wären noch einige Damen dabey, so würde es noch wirksamer werden.

2.) Die Vorhänge der Estrade würden eröffnet und Personen von Stande, sowie von der vorzüglichen bürgerlichen Classe stünde frey sich daselbst aufzuhalten, eine Partie zu spielen und sonst zu conversiren. Wünschenswerth wäre, daß auch ein Hoffourier oder sonstige Dienstperson sich gegenwärtig befände um von seiner Seite das Anständige einzuleiten.

3.) Niemand könnte in seiner gewöhnlichen Kleidung hinaufgehen, sondern müßte, wenn er nicht eine gefällige Charactermaske wählen wollte, in schwarzem Mantel oder Domino erscheinen.

4.) Keine Drahtaugen würden erlaubt, sondern wenigstens schwarze Masken gefordert.

[122] 5.) In Stiefeln könnte niemand tanzen.

6.) Für Vortänzer müßte gesorgt werden; so wie

7.) für eine Art von Vorsteher und Aufseher, dergleichen bey den Ressourcenbällen sich finden.

8.) Eine Anzeige im Wochenblatt wäre deshalb bey Zeiten zu besorgen, wodurch denn auch

9.) Dienstboten und Personen von zweydeutigem Ruf Auszuschließen wären.


Kommen obige Einrichtungen zu Stande, so hat eine Gesellschaft sich verbunden an dem Tage auf die Redoute zu gehen, durch geistreiche Aufzüge, kleine Gedichte und andere anständige Unterhaltungen den Tag zu feyern; wobey denn eben obige Repräsentanten des Hofs wünschenswerth wären, um im Namen gnädigster Herrschaft diese wohlgemeynten Huldigungen anzunehmen.

Weimar d. 10 Jan. 1809.

Goethe. [123]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1809. An die Hoftheater-Commission. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8ECF-3