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An den ChevalierMatthäus Ignatius van Brée

[Concept.]
Hochwohlgebohrner
Insonders hochgeehrtester Herr,

Ew. Hochwohlgeboren willkommenes Schreiben hat einen meiner ernstlichen bisher gehegten Wünsche, ein näheres Verhältniß zu Ihnen eröffnet zu sehen, erfüllt. Schon längst hoffe ich auf Gelegenheit Ihnen meine Bewunderung auszusprechen, über die Gründlichkeit Ihrer Studien mich zu äußern, so wie über die Leichtigkeit womit Sie solche musterhaft in Ausübung bringen.

[139] Indem ich nun gegenwärtig dieß zu thun das Vergnügen habe, verfehle ich nicht auch meinen verbindlichen Dank hinzufügen für die Sorgfalt welche Sie durch einige Jahre dem jungen Mahler Schmeller so freundlich gönnen wollen. Es hat derselbe bey Ihnen für die kurze Zeit bedeutende Fortschritte gethan und findet jetzt, besonders im Porträtmahlen Beyfall. Hätte er länger Ihres Unterrichts genießen können, so ist nicht zu zweifeln daß er bey seinen natürlichen Anlagen sich noch bedeutender würde ausgebildet haben.

Der Großherzog, mein gnädigster Herr, bereitet sich in diesen Tagen zu einer Reise in Ihre Gegenden und ich bin überzeugt, daß es Ihnen zu besonderer Freude gereichen muß, wenn Sie abermals persönlich erfahren wie sehr Seine Königliche Hoheit Ihr Verdienst zu ehren, Ihre Anhänglichkeit zu schätzen und zu erwidern weiß.

Höchst Dieselben bringen abermals einen jungen Mahler, im Vertrauen auf Ihren gefälligen Antheil, zu Ihnen; dieser heißt Preller, und ich darf hoffen daß Sie sein, für dessen junge Jahre bedeutend ausgebildetes Talent sogleich beurtheilen und ihm die Wege zur Vollkommenheit alsobald andeuten werden. Er hat sich in Landschaft und Thiermahlerey geübt, auch ist er nicht unglücklich in kleinen Figuren, den eigentlichen Charakter der Personen porträtmäßig zu treffen; qualificirt sich also zu allen denjenigen Arten, [140] worin die Niederländer von jeher unübertroffene Meister waren.

Sie haben daher die Güte ihn in diesem Sinne zu leiten und ihn solchen Meistern zuzuführen; wie mir denn ein dortiger Thiermahler Namens Umgang gerühmt worden; welches jedoch alles Ihrem Urtheil anheim gegeben bleibt.

Was den Wunsch betrifft zu einem bedeutenden Bilde aus der sächsischen Geschichte ernestinischer Linie einen Gegenstand zu finden, so will ich mir angelegen seyn lassen, mit Hülfe von kenntnißreichen Männern, dergleichen auszuspähen. Die meisten schönen Züge welche hier vorkommen sind sittlich, und gereichen daher dem bildenden Künstler nicht leicht zum Vortheil.

Vor einiger Zeit machte unser gnädigster Herr uns die Hoffnung, Sie diesen Sommer bey uns zu sehen, vielleicht begünstigt die gegenwärtige Zusammenkunft diesen unsern Wunsch, dessen Erfüllung, wie ich hoffen darf, für beide Theile erfreulich und fördernd seyn würde.

Herrn v. Kirckhoff bitte meine besten Empfehlungen abzustatten. Möchten Sie beiderseits das jenaische Museum gelegentlich zu begünstigen geneigt bleiben.

Schließlich hoffe Verzeihung daß ich mich meiner Muttersprache bediene, da ich mir in keiner andern getraue diejenige Hoch- und Werthschätzung auszudrücken womit ich mich zu unterzeichnen die Ehre habe.

Weimar den 12. May 1824.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1824. An den ChevalierMatthäus Ignatius van Brée. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9069-7