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An Christian Moritz Engelhardt

Ew. Wohlgeboren

habe für die angenehme reichhaltige Sendung vielfachen Dank zu sagen; sie versetzte mich in die Zeiten, wo man so gerne verweilt, weil eine productive Einbildungskraft das Barbarische, was sie mögen gehabt haben, mildert und gemüthlich versöhnt. Sodann haben Sie zugleich einen heiligen Namen, der mir in manchem Sinne lieb ist, aus der düsteren Zeit anmuthig heranklingen lassen. Nicht weniger angenehm war es mir, die Früchte Ihrer mir schon wohlbekannten literarischen Thätigkeit so reichlich vor Augen zu sehen.

[284] Höchst wünschenswerth ist mir sodann, daß die schriftlichen, auf meinen Straßburger Aufenthalt bezüglichen Papiere in den Händen eines Mannes liegen, von dessen sittlichen Gesinnung mir genannte zuverlässige Männer, bey früherem Erwähnen die sichersten Zeugnisse gegeben haben; denn was die angezeigten Papiere betrifft, so kann ich zu deren Publication meine Einwilligung nicht geben, ja ich muß förmlich und ernstlich dagegen protestiren.

Der erste Entwurf von Iphigenie gehört, wie Sie aus der nächstens erscheinenden Anzeige der neuen Ausgabe meiner Werke ersehen werden, nach dem dreyßigsten Bande in die Epoche, wo ich dem Publicum von meinen Studien und von der Steigerung meiner ersten Arbeiten Rechenschaft zu geben gedenke. Was die Briefe und andere Einzelheiten betrifft, so ist es nicht räthlich dergleichen, selbst nach dem Ableben des Schreibenden, geschweige bey seinem Leben zu propaliren; auch werden Sie bey näherem Bedenken sich gewiß mit mir überzeugen, daß dergleichen besonders in diesem Falle nicht zulässig sey.

Wie ich meinen Aufenthalt in Straßburg und der Umgeben darzustellen gewußt, hat allgemeinen Beyfall gefunden und ist diese Abtheilung, wie ich weiß, immerfort mit besonderer Vorliebe von sinnigen Lesern beachtet worden. Diese gute Wirkung muß aber durch eingestreute unzusammenhängende Wirklichkeiten nothwendig gestört werden. Nun habe ich bisher, [285] besonders seitdem eine so hoch privilegirte letzte Ausgabe meiner Werke lautbar geworden, das höchst wünschenswerthe Ereigniß erlebt, daß mir von mehreren Orten, auch unaufgefordert, Briefschaften und Denkblätter mancher Art eingereicht worden, von denen ich denn in der Folge meiner Arbeiten und Darstellungen den schicklichsten Gebrauch zu machen im Falle bin.

Indem ich nun Ew. Wohlgeboren dieses vermelde, so zweifle ich nicht einen Augenblick Dieselben werden, in gleicher Gesinnung, die in Händen habenden Schriften mir einhändigen und dafür meines aufrichtigen Dankes und Anerkennung gewiß bleiben.

Wie ich nun aller derjenigen öffentlich dankbar erwähne, welche von jeher, so auch in diesen letzten Zeiten einer abschließenden Rechenschaft, mir so treu als edel an Handen gegangen, so werden Ew. Wohlgeboren hier einen bedeutenden Ehrenplatz einnehmen und mit trefflichen Männern, deren Sie einige selbst genannt in Reih und Glied auftreten.

Weil denn aber doch niemand zuzumuthen ist, daß er sich eines werthen Besitzes entäußere ohne durch irgend etwas Erfreuliches die Lücke wieder ausgefüllt zu sehen, so finde ich mich gerade in dem Fall Ihnen etwas anzubieten, wovon ich hoffen kann, es werde die gewünschte Wirkung hervor bringen.

[286] Empfehlen Sie mich, wenn es Gelegenheit gibt, Herrn Professor Arnold auf's beste. Mit aufrichtigen Wünschen dieses Blatt abschließend.

ergebenst

Weimar den 3. Februar 1826.

J. W. v. Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1826. An Christian Moritz Engelhardt. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-921B-B