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An Heinrich Wilhelm Ferdinand Wackenroder

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

haben mir durch die Mittheilung der angestellten Versuche ein besonderes Vergnügen verschafft und ich bin überzeugt, da Sie selbst an diesen Betrachtungen ein wissenschaftliches Interesse nehmen, werden Sie geneigt seyn auch in der Folge durch Beantwortung solcher Fragen mich zu erfreuen und zu belehren. Das nächste Mal, wenn ich das Vergnügen habe Sie zu sprechen, gedencke ich mich darüber weiter zu äußern.

Gegenwärtig übersende ein kurzes Promemoria über einen andern Gegenstand, der mich gleichfalls sehr interessirt; mögen Sie demselben, wie es Ihre Zeit erlaubt, gleichfalls Ihre Aufmerksamkeit schenken, so klärt sich auch wohl ein solches Problem glücklich auf.

Weimar den 14. August 1830.


[Beilage.]

In dem amtlichen Bericht, welcher über die Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte in [179] Hei delberg im September 1829 von den damaligen Geschäftsführern, den Herrn Professoren Tiedemann und Gmelin mitgetheilt worden, finde ich seit 66 unter der Rubrik: Geognosie, Herr Geh. Rath v. Leonhard habe von den sogenannten verglasten Burgen in Schottland nähere Kenntniß gegeben.

So wünschenswerth es mir auch gewesen wäre, hievon bestimmter unterrichtet zu werden, so mußte ich doch dessen bisher entbehren und ward um desto mehr aufgeregt, analoge Fälle, die mir zu thätiger geognostischen Zeit vorgekommen, mir und andern wieder in Erinnerung zu bringen. Ich erinnere mich noch gar wohl, daß der nachmalige Bergrath und Vorsteher des Ilmenauer Bergwerks Voigt bey seinen geognostischen Untersuchungen des hiesigen Landes, die er sorgfältig unternahm, auf den Höhen des linken Saalufers an einigen Stellen große Quarzmassen fand, die ihm außer der Regel schienen, weil in dieser Gegend ein anhaltendes Sandsteingebürge, aber keine Gebirgsart gefunden wurde, wozu dergleichen Quarztheile gerechnet werden konnten.

Ich weiß nicht wie lange dieses Gestein problematisch blieb, allein man kam endlich darauf, daß es ursprünglicher Sandstein sey, durch äußere Einwirkung der Atmosphäre und sonst, von außen mit einem Überzug versehen, welchen man wohl dem Fettquarze oder einen Chalcedon ähnlichen Wesen hätte vergleichen können.

[180] In dem Laufe meiner Studien und bey Vermehrung meiner Sammlung erhielt ich aus Polen Geschiebe, unter der Rubrik Grès Chalcedonique welches einzelne abgerundete, außen mit einem chalcedonartigen Überzug versehen Sandsteingeschiebe waren; diese sollten sich im Sande und Gerölle mancher dortigen Gegenden finden, besonders in dem Bezirk Dembink.

Ferner erinnere ich mich gelesen zu haben, daß man in Frankreich die Wände eines alten verlassen Sandsteinbruchs auf diese Weise überzogen gefunden habe; es war in irgend einer Zeitschrift, die ich nicht mehr anzugeben wüßte.

Es finden sich auch in meinen geognostischen Sammlung mehre dergleichen Sandsteinexemplare, die an einer Seite einen solchen Übergang darstellen.

In diesen Betrachtungen ist mir ein Gedanke beygegangen, welchen ich verfolgt wünschte. Der alte Eckthurm in Jena über dem botanischen Garten, der sogenannte Pulverthurm, steht nun so manche Jahre allen atmosphärischen Einwirkungen ausgesetzt, und ich wünschte wohl, daß ein umsichtiger Chemiker und Mineralog denselben genau untersuchte, inwiefern Sonnenschein und Schatten, Wärme und Kälte, Feuchtigkeit aller Art auf das Gestein in der Höhe einwirkt und vielleicht, auf irgend eine Seite, einen solchen chalcedonartigen Überzug hervorgebracht habe?

[181] Wir sprechen nicht mehr von einer Kieselerde, sondern von einer Kieselsäure, und sollte sich diese nicht hier in der Thätigkeit manifestiren? und sollte die Chemie nicht vielleicht ein Mittel finden, irgend einem Sandstein unsrer Nachbarschaft, ohne Feuergewalt, eine so modificirte Oberfläche zu geben?

Weimar den 14. August 1830.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1830. An Heinrich Wilhelm Ferdinand Wackenroder. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-96C5-B