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An Georg Heinrich Ludwig Nicolovius

[Concept.]

[13. März 1824.]

Nun schon seit acht Wochen finde ich mich durch die Tagebücher Ottiliens nach Berlin versetzt, vorzüglich aber, verehrter Freund, in Ihre Wohnung, unter die Ihrigen. Und da will ich denn gestehen daß mir die durch des lieben Gastes [Gegenwart] verursachte Unbequemlichkeit mehr als Ihnen selbst fühlbar gewesen; Dank und Anerkennung von uns allen bleibt Ihnen als unvergängliche Erwiderung auf's treulichste zugethan.

Zu erzählen wird sie genug haben, wenn sie nur erst über die Brandung des Anlandens hinaus und in ihrem häuslichen Kreise beruhigt ist; ich freue mich herzlich mit einem so heitern Geiste die große Königsstadt zu durchwandern und die Herrlichkeit der neuen und neusten Tage zu schauen, deren Anblick mir persönlich versagt war.

Erlauben Sie hierauf daß ich als Beylage die vier Bände Kunst und Alterthum überschicke. Die Absendung einzelner Hefte habe, bey unterbrochener und zerstreuter Lebensweise, niemals reguliren können; jetzt, da der vierte Band mit einem allgemeinen Verzeichniß schließt, hat der Inhalt, bey mehrerer Genießbarkeit und Nutzbarkeit einiges Interesse mehr gewonnen. Wie sehr wünsche ich, daß auch Ihnen, frisch und neu einiges entgegen trete.

[77] Darf ich bey dieser Gelegenheit von einem Anfliegen sprechen, das die Liebe zu einem alten Freund bey mir aufregt. Herr Tieck bearbeitete bey seinem letzten Hierseyn ein Profil von unserem würdigen Knebel, in der Absicht, solches des Herrn Minister v. Altenstein Excellenz vorzulegen; nun wird mir hinterbracht: daß man mit einer Medaille zu des werthen Freundes Andenken gegenwärtig umgehe. Wäre dieß der Fall und Sie könnten, verehrter Freund, zur Beschleunigung dieses Vorhabens etwas mitwirken, so wäre ich einer doppelten Sorge überhoben: denn da wir Älteste der fünfzigjährigen weimarischen Epoche doch gelegentlich auf eine Trennung gefaßt zu seyn Ursache haben, so ziemt es sich wohl zu wünschen daß die, einem werthen Mann zugedachte und wohlverdiente, Ehrenbezeigung, von so hoher und theurer Hand ihn noch bey'm Leben, und wie er sich jetzt munter und froh befindet, erreichen und erfreuen möge.

Und so möge denn auch mir der alte sich immer erneuernde Wunsch mit Ihnen persönlich zusammen zu treffen endlich gewährt seyn.

Nach der so gründlichen als günstigen Rezension des v. Knebelschen Lukrez in den Göttingischen gelehrten Anzeigen in deren 33. Stück möchte denn freylich jenes geprägte Zeugniß seinem Leben und Bemühungen die Krone aufsetzen.

Weimar den 10. März 1824.

[78]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1824. An Georg Heinrich Ludwig Nicolovius. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9829-C