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An Sulpiz Boisserée

Nur mit Wenigen dießmal bemerke, mein Theuerster, daß die beiden Exemplare des 21. und 22. Heftes Ihrer höchst schätzenswerthen, sich immer gleichbleibenden Steindrücke glücklich angenommen. Ich habe bey dem für großherzogliche Sammlung bestimmten Exemplare die Rechnung nicht gefunden, bitte mir solche zu übersenden, weil es mir zur Pflicht geworden solche zu honoriren.

Auch wollte zugleich ersuchen, mir etwa ein halbes Ries von dem colossalen braunen Papier Ihrer Umschläge abzulassen, es ist gar zu vortheilhaft Zeichnungen, [81] oder alte Kupfer darauf zu befestigen; doch wollte vorerst bitten mir den Preis davon zu melden.

Damit aber dieses Blatt nicht gar zu merkantilisch aussehe, so hab ich zu versichern, daß es mir nach meiner Weise ganz wohl geht. Ich befinde mich, verhältnißmäßig zu meinen Jahren, wünschenswerth, habe einen trefflichen Arzt zur Seite, der die kleinen Abweichungen der Natur wieder einzulenken weiß. Unsre gnädigsten Herrschaften scheinen geneigt mir die großen Verluste, die ich in diesen Jahren erlitten, freundlichst unmerklich machen zu wollen. Mein Geschäftskreis ist derselbige, eher noch erweitert, doch immer meinen Kräften gemäß.

Herr Soret, ein Genfer, mit der Erziehung des Prinzen beauftragt, hat meine Metamorphose der Pflanzen in's Französische übersetzt; ich bin dadurch in das schöne Feld wieder zurückgelockt und finde gar nicht übel die alten Fäden frisch anzuknüpfen. Die Natur ist immer neu und wird immer tiefer, wie ein vorspringender Kies, der sich in einen Fluß erstreckt; kommt der Badende vorschreitend zuletzt in den Strom, so muß er schwimmen, und das geht denn auch.

Von Kunstwerken kommt mannichfaches gar Anmuthiges zu mir, davon vielerlei zu sagen wäre; Leipziger Auctionen und Kunsthändler bieten immer etwas Wünschenswerthes.

Hier wäre noch, zu manchem Guten Platz und Räumlichkeit, doch dieser Brief ginge dann heut nicht [82] ab. Mein Sohn mit Dr. Eckermann ist nach Italien. Von Mailand hab ich günstige Briefe. Kehren sie über München zurück, darf ich Sie wohl zu freundlichster Aufnahme kaum empfehlen.

Grüßen Sie die lieben Ihrigen schönstens und wenn Sie mir in Ihrer bald zu hoffenden Rückantwort gefälligst vermelden, daß Kur und Reise Ihro Majestät dem König recht gründlich wohlgethan, so werden Sie mir und mehrern eine Erquickliche Wohlthat er weisen. Noch gestern erfreute sich der treffliche Geheimde Rath Beuth von Berlin an denen von höchster Gnade mir gegönnten kostbaren Kunstgebilden.

Ich ende schleunig, um mich wieder anzufangen.

treulichst

Weimar den 31. May 1830.

J. W. v. Goethe.

und bemerke nur daß ich für Ihren lieben letzten Brief noch schönstens zu danken habe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1830. An Sulpiz Boisserée. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9C5C-7