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»Sie werfen mir den Schluß des ›Meister‹ vor, nennen die Einhüllung in den geheimen Bund und das Dahingehörige wohlfeil und einen Mangel der Lösung im vollen Sonnenscheine. Lieber Freund! Erst haben Sie ein Hochwichtiges darin gefunden, daß eitel Mesalliancen zum Vorschein kommen und die mittlere Welt sich in die höhere eindränge, und nun vermissen Sie für ein solches Buch den vollen Sonnenschein! Ein solcher hätte erschreckend beleidigt; die Seele des Buchs aber ist eine höfliche Andeutung; mehr lag nicht in meinem Charakter und in meiner Fähigkeit, und das Zusammengehn dieser beiden macht allein eine wohlthätige Romanerscheinung. Überbietet mein eins oder das andere, so entsteht die Gewaltsamkeit, und der poetische Eindruck wird durch die Entrüstung zerstört, welche dadurch bei einer großen Classe von Lesern hervorgerufen wird. Darin versehen es diese begabten jungen Franzosen, und es überhebt sich ihrer deshalb sogar unser unschöpferischer Pendant. Wünschen darf man zu einem Buche, aber man muß nicht zum Wegwünschen genöthigt sein, aus welchem Wort das Verwünschen entstanden ist. Der Roman soll erscheinen, wie die Landschaft erscheint, ohne Leidenschaft; auch in jener verbergen sich dunkle Partien. Daß man für jenen geheimnißvollen Bund etwas Leichteres, Gefälligeres, oder, wie Sie sich ausdrückten, Natürlicheres[356] habe erfinden können, glaube ich wohl; es lag eben nichts solches in meiner schaffenden Kraft zur Hand; es bot sich mir jenes, und dem Schöpfer einer so breiten Welt muß man zutrauen, daß er, alle Rücksichten erwägend, passender wählt, als der besuchende Leser. Freilich sieht der Leser oft glücklicher: er ist frei, betrachtet ein Bild unbefangen – aber, Freund! wenn man sich darauf einlassen will, so wird am Ende alle Neigung, aller Muth zum Hervorbringen verleidet. Haben wir eine eigene Welt gemacht, so muß es uns doch auch fürs erste zustehn, die Gesetze darin zu machen; wer soviel anderes über ein Buch weiß, der sollte sich nicht über dem Buch ausgeben, sondern selbst ein anderes schreiben. Die eigensinnig fordernde Kritik hab' ich mir stets vom Leibe gehalten; wer mich nicht mag, dem kann ich nichts geben, mit dem ist es bald ein klares Verhältniß. Wer mich aber durchaus anders will, als ich bin, der versucht es, mich unter freundlichen Worten zu erwürgen; der ist mein schlimmster Feind, weil er spricht, als ob er mein Freund wäre. Und diese weichliche Freundesfeindschaft quält manchen armen Autor bei uns zu Tode. Ein ähnliches Verhältniß ward es zwischen mir und den Herren V. Schlegel sammt deren Kreuzfahrerheere: sie spannen mich ein mit Lob und Litanei, die mir nicht zukamen, und mit freundlicher Bußauflegung, die mir ebenfalls nicht zukam; sie wollten mich mir selbst entwenden. Ich wäre in dieser lobesamen Kritik erstickt, hätte ich [357] nicht plötzlich beide Arme gebraucht. – Endlich aber, um das Thema zu erledigen, war damals die Zeit der geheimen Bündnisse: alles war darauf gestellt; so gerieth es einem denn auch wohl in den Roman als etwas, was ganz in Herkommen und Ordnung sei.«
1 Der ganze Absatz von g. steht nicht entgegen