1828, 3. December.
Mit Friedrich Soret
Heute hatte ich mit Goethen einen anmuthigen Spaß ganz besonderer Art. Madame Duval zu Cartigny im Canton Genf nämlich, die sehr geschickt in Zubereitung von Confitüren ist, hatte mir als Producte ihrer Kunst einige Cedraten für die Frau Großfürstin und Goethe geschickt, völlig überzeugt, daß ihre Confitüren alle andern so weit übertreffen, als die Gedichte Goethes diejenigen der meisten seiner deutschen Mitbewerber.
Die älteste Tochter jener Dame hatte nun schon längst eine Handschrift Goethes gewünscht, worauf es [356] mir einfiel, daß es klug sein würde, durch die süße Lockspeise der Cedraten Goethe zu einem Gedicht für meine junge Freundin anzukörnen.
Mit der Miene eines mit einem wichtigen Geschäft beauftragten Diplomaten ging ich daher zu ihm und unterhandelte mit ihm als Macht gegen Macht, indem ich für die offerirten Cedraten ein Originalgedicht seiner Hand zur Bedingung machte. Goethe lachte über diesen Scherz, den er sehr wohl aufnahm, und sich so gleich die Cedraten erbat, die er ganz vortrefflich fand. Wenige Stunden darauf war ich sehr überrascht, folgende Verse als ein Weihnachtsgeschenk für meine junge Freundin ankommen zu sehen:
Als ich ihn wiedersah, scherzte er über den Vortheil, den er jetzt aus seinem poetischen Metier zu ziehen im Stande sei, während er in seiner Jugend zu seinem ›Götz‹ keinen Verleger habe finden können. »Ihren Handelsvertrag,« sagte er, »nehme ich an; wenn meine Cedraten verschmaust sein werden, vergessen Sie ja nicht andere zu commandiren, ich werde pünktlich mit meinen poetischen Wechseln zahlen.«
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