Sie bittet um Keuschheit

1
Du keusche Seele, die du mich
Anreizest keusch zu lieben dich,
Wann wird denn deine keusche Brunst
Verzehret haben allen Dunst?
2
Ich wollte, daß mein Herz und Sinn
So keusch wie deine möchten blühn.
Ich wollte, daß mein Fleisch und Blut
Wie deines wär, o keusches Gut.
3
Ich weiß, daß du, o keuscher Gast,
Dein Lusthaus in der Keuschheit hast.
Ich weiß, daß dir mit keuschem Herzen
Beliebt zu spielen und zu scherzen.
4
Du bist der Keuschen Bräutigam,
Der Keuschheit Ursprung, Wurzel, Stamm.
Du gibst und säest keuschen Rat,
Wer dir nur folgt auf frischem Pfad.
[290] 5
So säe denn auch keusche Lust
In mein Gemüt und meine Brust.
Vertreib aus meinem Fleisch und Blut
Alls, was zum Fleisch anreizen tut.
6
Zeuch mich mit deiner Keuschheit an,
Verhüll mich mit der Keuschheit Fahn,
Daß ich, du Keuscher, frisch und frei
Dein keuscher Tempel ewig sei.

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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2011). Angelus Silesius. 159. Sie bittet um Keuschheit. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0001-E71C-8