Das Lied vom Schill

1813.


Es zog aus Berlin ein tapferer Held,
Er führte sechshundert Reiter ins Feld,
Sechshundert Reiter mit redlichem Mut,
Die dürsteten alle Franzosenblut.
Auch zogen mit Reitern und Rossen im Schritt
Wohl tausend der tapfersten Schützen mit,
Ihr Schützen gesegn' euch Gott jeglichen Schuß,
Durch welchen ein Franzmann erblassen muß!
So zieht der tapfre, der mutige Schill,
Der mit den Franzosen sich schlagen will;
Ihn sendet kein Kaiser, kein König aus,
Ihn sendet die Freiheit, das Vaterland aus.
Bei Dodendorf färbten die Männer gut
Das Magdeburger Land mit französischem Blut,
Zweitausend zerhieben die Säbel blank,
Die übrigen machten die Beine lang.
Drauf stürmten sie Dömitz, das feste Haus,
Und jagten die Schelmenfranzosen heraus,
Dann zogen sie lustig ins Pommerland ein,
Da soll kein Franzose sein Kiwi! mehr schrein.
[104]
Auf Stralsund stürmte der reisige Zug –
O Franzosen, verständet ihr Vogelflug!
O wüchsen euch Federn und Flügel geschwind!
Es nahet der Schill, und er reitet wie Wind.
Er reitet wie Wetter hinein in die Stadt,
Die der Wallenstein weiland belagert hat,
Wo der zwölfte Karolus im Tore schlief.
Jetzt liegen ihre Mauern und Türme tief.
O weh euch, Franzosen! Jetzt seid ihr tot,
Ihr färbet die Säbel der Reiter rot,
Die Reiter sie fühlen das deutsche Blut,
Franzosen zu säbeln, das deucht ihnen gut.
O Schill, o Schill, du tapferer Held!
Was sind dir für bübische Netze gestellt!
Viele ziehen zu Lande, es schleichet vom Meer
Der Däne, die tückische Schlange, daher.
O Schill, o Schill, du tapferer Held!
Was sprengst du nicht mit den Reitern ins Feld?
Was schließest in Mauern die Tapferkeit ein?
In Stralsund, da sollst du begraben sein.
O Stralsund, du trauriges Stralesund!
In dir geht das tapferste Herz zugrund',
Eine Kugel durchbohret das treueste Herz,
Und Buben sie treiben mit Helden Scherz.
Da schreiet ein frecher Franzosenmund:
»Man soll ihn begraben wie einen Hund,
Wie einen Schelm, der an Galgen und Rad
Schon fütterte Krähen und Raben satt.«
So trugen sie ihn ohne Sang und Klang,
Ohne Pfeifenspiel und ohne Trommelklang,
Ohne Kanonenmusik und Flintengruß,
Womit man die Tapfern begraben muß.
Sie schnitten den Kopf von dem Rumpf ihm ab
Und warfen den Leib in ein schlechtes Grab,
Da schläft er nun bis an den Jüngsten Tag,
Wo Gott ihn zu Freuden erwecken mag.
[105]
Da schläft der fromme, der tapfre Held,
Ihm ward kein Stein zum Gedächtnis gestellt;
Doch hat er auch keinen Ehrenstein,
Sein Name wird nimmer vergessen sein.
Denn zäumet ein Reiter sein schnelles Pferd,
Und schwinget ein Reiter sein blankes Schwert,
So rufet er immer: »Herr Schill! Herr Schill!
Ich an den Franzosen Euch rächen will.«

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2011). Arndt, Ernst Moritz. Gedichte. Gedichte. Das Lied vom Schill. Das Lied vom Schill. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-05C6-1