Trostlieder

1.
Reue über die Sünde

Hilf, Herr! Wir haben viel gesündigt,
Drum drückt uns Schmach und Unglück schwer.
Dein heilig Wort, das du verkündigt,
Das kannten wir im Trug nicht mehr,
Des Glaubens süßes Himmelslicht
Schien unsern blinden Herzen nicht.
Umnebelt waren wir von Dünsten,
Vom gauklisch bunten Höllenschein,
Und spannen uns mit eitlen Künsten
Stets dichter in die Lüge ein,
Das Leben schwankte ohne Ziel,
Und jeder tat, was ihm gefiel.
Die fromme Liebe war erkaltet,
Die stille Demut war dahin,
Was droben auf den Sternen waltet,
Erkannte nicht der trübe Sinn,
Von eigner Weisheit aufgebläht
Vergaß er Gottes Majestät.
[112]
Drum liegen wir so tief darnieder,
Drum plagt uns fremde Tyrannei,
Daß Gott der Herr mit Schrecken wieder
Gesuchet und gefürchtet sei,
Daß wir erkennen, wie wir sind
Vor ihm wie Sand und Spreu im Wind.
Du Höchster in des Himmels Höhen,
Des Name Huld und Gnade heißt,
O laß uns doch nicht gar vergehen!
O sende deinen treuen Geist
Erleucht' uns mit des Glaubens Schein
Und hauch' uns deine Liebe ein!
Dann stehn wir wieder auf in Freuden,
Dann kommt uns wieder Sieg und Glück,
Dann heben wir aus langen Leiden
Zu dir empor den frohen Blick,
Dann klingen und dann singen wir:
Gott bleibt der Helfer für und für.

2.
Trost auf Gott

Gott, du bist meine Zuversicht,
Mein Schirm und meine Waffen,
Du hast den heil'gen Trieb nach Licht
Und Recht in mir geschaffen;
Du großer Gott,
In Not und Tod
Ich will an dir mich halten,
Du wirst es wohl verwalten.
Und wenn die schwarze Hölle sich
Mit ihrem Gift ergösse
Und trotziglich und mörderlich
Durch alle Länder flösse,
Gott bleibt mein Mut,
Gott macht es gut
Im Tode und im Leben:
Mein Recht wird oben schweben.
Und wenn die Welt in Finsternis
Und Unheil sich versenkte,
Mir steht das feste Wort gewiß,
Das Ewigkeiten lenkte
[113]
Das alte Wort
Bleibt doch mein Hort:
Wieviel auch Teufel trügen,
Die Guten sollen siegen.
O großes Wort, o fester Stahl!
O Harnisch sondergleichen!
Was Gott versprach, was Gott befahl,
Das läßt mich nicht erbleichen:
Die stolze Pflicht
Erzittert nicht,
Mag Land und Meer vergehen,
Sie wird mit Gott bestehen.
Drum walt' es Gott, der alles kann,
Der Vater in den Höhen!
Er ist der rechte Held und Mann
Und wird es wohl verstehen.
Wer Gott vertraut,
Hat wohl gebaut
Im Tode und im Leben:
Sein Recht wird oben schweben.

3.

Es spricht der freche Bösewicht:
Ich bin durch mich geworden,
Und macht die Welt zum Hochgericht
Und lüstet nur nach Morden
Und ruft in seinem eitlen Wahn:
Die Länder sind mir untertan,
Ich bin der Herr der Erde.
Und weiß nicht, daß den Sternensitz
Der höchste Meister lenket,
Der schneller als sein Flammenblitz
Die Ewigkeiten denket,
Der Tyrannei wie Spreu verweht,
Sein heißt die erste Majestät,
Sein Walten hat kein Ende.
Der zieht die rechten Waffen an,
Wer ihm allein vertrauet,
Dem Helden, welcher helfen kann,
Wann Tod und Furcht ergrauet:
[114]
Wer sich auf solchen Schutz verläßt,
Der steht im Glück und Unglück fest,
Kein Teufel mag ihn schrecken.
Drum unverzagt und wohlgemut,
Wer Freiheit liebt und Ehre!
Ein recht Gewissen streitet gut
Und schlägt die größten Heere,
Ein treuer Sinn ist echter Stahl
Und überwindet tausendmal,
Was Gott den Herrn nicht fürchtet.
So kniet hin und betet an
Und schwört die rechte Treue,
Daß sich in jedem deutschen Mann
Der alte Trost erneue,
Daß wir den Glauben halten fest,
Daß Gott uns nimmermehr verläßt,
Wenn wir ihn nicht verlassen.

4.

Wann beginnt das Heil zu tagen?
Es braust mit Rossen und mit Wagen
Wild durch die weite Welt der Krieg,
Brandgemalte Teufel scherzen
Mit Menschenrechte Menschenherzen,
Die schwarze Hölle hat den Sieg.
Sie rufen trotzig aus
In alle Welt hinaus:
Jauchzet! Jauchzet! Das Heil ist da,
Die Freiheit da,
Der Menschheit ew'ger Friede da.
Doch die Wahrheit steht und schweiget,
Die stolze Freiheit traurt und zeuget
Des Satans glatten Worten nicht,
Die Ehre fliehet vor der Schande,
Die Treue räumet flugs die Lande,
Sie wohnet nur mit Recht und Pflicht.
Die hohen Zeugen all
Erklingen lauten Schall:
Nimmer, nimmer war Gottes Reich
Der Hölle gleich,
Ihr Bund heißt Elend, Trug ihr Steig.
[115]
Seid gegrüßt, ihr edlen Zeugen!
Der höchste Richter wird nicht schweigen,
Der waltend hoch auf Sternen geht,
Der die lichten Himmelskerzen
Entzündet und die Menschenherzen
Mit seines Odems Kraft durchweht.
Er ist der rechte Mann,
Der einzig helfen kann:
Preis dem Mächtigen! Preis dem Hort!
Es steht sein Wort:
Das Gute sieget hier und dort.
Tobe, Satan! Sei verwegen!
Vor dieser Macht zersplittern Degen,
Zerspringet diamantner Stahl!
Gott will Recht und Ehre schützen
Und Trug und Bosheit niederblitzen
Mit seiner Rache Donnerstrahl:
Der starke Siegesheld,
Der Erd' und Himmel hält,
Schmettert Schande hinab ins Nichts,
Der Gott des Lichts
Ist nicht ein Gott des Bösewichts.
Darum himmelauf, Gedanken!
Mit Gott dem Helfer in die Schranken
Für Freiheit, Recht und Vaterland!
So ihr's meint mit rechten Treuen,
Bläst Gott euch an mit Mut der Leuen
Und stärkt mit Kraft die schwächste Hand!
Der gute fromme Gott,
Er bleibt in Not und Tod.
Fallet nieder und betet an!
Der helfen kann,
Er ficht als Streiter euch voran.

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2011). Arndt, Ernst Moritz. Trostlieder. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-0682-4