437. Die Spinnmagd.

Von der Burg Reußenberg ging jeden Abend eine Magd auf das Bergschloß Sodenberg zur Spinnstube, wo sie ihren Geliebten, einen Knappen des Schlosses, zu treffen pflegte. Um den fast eine Stunde langen Weg schneller hin und her zu kommen, machte sie einen Bund mit dem Teufel. Dieser brachte sie nun in wenig Augenblicken von einer Burg zur andern; und wenn die [380] übrigen Spinnerinnen von Reußenberg, die stets lange vor ihr weggingen, nach Sodenberg kamen, fanden sie sie, zu ihrer großen Verwunderung, schon dort in voller Arbeit. Eines Abends, als sie wieder heimkehren wollte, regnete es fürchterlich. Die Sodenberger Burgleute redeten ihr zu, noch dazubleiben; sie aber entgegnete: »Ich gehe fort, und sollte ich auf einem Bock heimreiten!« Wirklich stand auch ein schwarzer Bock für sie bereit, auf welchen sie sich mit ihrem Spinnrad setzte und gegen Reußenberg ritt. Als sie an den Kreuzweg kam, warf der Bock sie ab, und der Teufel wollte sie, da ihre Zeit aus war, mit in die Hölle nehmen. Voll Verzweiflung umklammerte sie das dortige Kruzifix von Stein, worein sich ihre Finger und Füße wie in Wachs drückten; allein der Böße riß sie davon weg und nahm sie mit sich fort. Seitdem heißt der Ort zur Spinnmagd, und die Geschichte wurde an dem Kruzifix abgebildet. Jetzt ist das Bild nicht mehr sichtbar; dagegen sind die Eindrücke der Finger und Füße am Kreuze noch vorhanden. Manche behaupten, dieselben habe nicht die Magd, sondern der Teufel gemacht, als er das Mädchen vom Kruzifixe losriß.

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TextGrid Repository (2011). Baader, Bernhard. Sagen. Volkssagen aus dem Lande Baden und den angrenzenden Gegenden. 437. Die Spinnmagd. 437. Die Spinnmagd. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-175F-B