428. Der Klapperhannes.

Im Schulhause zu Urspringen spielten einst die jungen Leute bis spät in die Nacht Pfänder. Einem Mädchen [373] ward aufgegeben, jetzt allein in das Beinhaus des nahen Kirchhofs zu gehen und aus dem dortigen Hühnerneste die Eier zu holen. Sie weigerte sich aber dessen, weil sie sich vor dem Klapperhannes fürchtete. Dies war das Gerippe eines Mannes, welcher mit dem Vornamen Johannes geheißen, und weil es im Winde klapperte, wurde es Klapperhannes genannt. Endlich erbot sich einer der Bursche, das Pfand des Mädchens zu lösen, wobei er spottend äußerte: »Der Klapperhannes thut mir nichts!« Er ging nun in das Beinhaus und nahm aus dem Neste die Eier, aber, als er damit fortwollte, hängte sich das Gerippe ihm auf den Rücken und ließ sich bis vor den Kirchhof tragen. Dort sprach es: »Du bist mein Pathe, und wärest du es nicht, so hätte ich dir für dein Freveln den Hals gebrochen; so aber trage mich in das Beinhaus zurück und laß sechs heilige Messen für mich lesen!« Sogleich brachte der Bursch das Gerippe wieder ins Beinhaus, und als er es absetzte, zerfiel es in Asche. Nachher ließ er auch die sechs Messen lesen und erlös'te dadurch seinen Pathen aus dem Fegfeuer.


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TextGrid Repository (2011). Baader, Bernhard. 428. Der Klapperhannes. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-1DB3-8