548. Das hohle Brot

Zu einem Hirtenmädchen aus Gefell kam oft ein Holzweibel auf die Hut, und das Mädel war mit dem Weibel gut vertraut. Eines Tages, als sie daheim frisch gebacken hatten und kein Mangel vorhanden war, nahm das Mädchen einen ganzen Laib Brot für das Holzweibel mit. Das empfing das Brot mit großer Freude, brach es auf und höhlte alle Krume heraus, dann sammelte es Laub am Hutrain und stopfte das hohle Brot damit voll. Dieses kindische Tun verdroß die junge Hirtin, es dauerte sie das liebe Brot. Und auf einmal lag das Brot bei ihr, und das Holzweibel war verschwunden. Nun hatte das Mädchen nichts Eiligeres zu tun, als das Laub aus dem gehöhlten Brot zu schütten, und das letztere nahm es wieder mit nach Hause. Da klapperte etwas im Brot, und das Mädchen dachte, es möchte etwa ein kleiner Stein sein, der mit dem Laub in das Brot gekommen, schüttete es nochmals aus, aber siehe, da waren aus einigen Blättern Laub, die innen hängengeblieben waren, einige Laubtaler geworden. Wie schnell lief die Hirtin nach dem Rain, wie suchte sie nach dem köstlichen Laube, fand es auch noch und trug's in der [378] Schürze heim, aber es wollten daraus keine Laubtaler werden, und nie sah sie das dankbare Holzweiblein wieder.


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TextGrid Repository (2011). Bechstein, Ludwig. 548. Das hohle Brot. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-220A-1