[253] Alter Wein und junges Blut

(Zu Böcklins Altrömischer Weinschänke.)


Alter Wein und junges Blut
Tanzen durcheinander.
Blumenmädchen, wirf die Rosen,
Wirf die Rosen aus dem Schurze,
Wirf die Rosen auf den Weg!
Sieh, wir taumeln in geschienten
Gliedern mit dem blauen, schweren
Stahlhelm, taumeln wie am hohen
Himmel die betrunkenen grauen
Wolken. (Oder find es Schläuche?)
Pfui, wer wird hier stille stehn?
Zwar, dort in den Rhododendren
Lauern niederträchtige Dornen,
Und es scheint mir, hopla, Mädchen,
Hinter ihnen schnarcht der Tod.
Pst! Kommt! Auf den Zehenspitzen
Schlüpfen leis wir in den Keller!
Wo im Sand die spitzen Krüge
Mit den dicken Bäuchen stehn.
Kommt, wir machen eine Kette!
Erst zwei stahlbeschiente Beine,
Dann zwei nackte, schlanke, weiche,
Und so nach der Regel weiter,
Die Ovid beschrieben hat.
[254]
Laßt den Tod im Busche schnarchen!
Wenn die sehr betrunknen Wolken
Sich auf Jovis Knieen lagern,
Legen wir uns neben ihn.

Notes
Erstdruck in der ersten Auflage des »Irrgartens«, 1901.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2011). Bierbaum, Otto Julius. Alter Wein und junges Blut. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-2FF8-3