[329] Pro domo

Als ich jung war, wenn ich durch Wiesen ging:
Ach, wie leicht ich damals bunte Verse fing!
Und zur Muse ward mir jedes hübsche Ding.
Denn ich bin rechtschaffen jung gewesen.
Drum war der Jugend, was ich schrieb,
Aus dem eignen Herzen geschrieben und lieb,
Und das junge Volk hat mich gern gelesen.
Nun aber heißt es: ich soll so bleiben,
Immer mit grüner Tinte schreiben,
Immer Halli und immer Hallo.
Liebe Leute: Das geht nicht so.
Man jagt mit vierzig Jahresringen
Wohl nicht mehr gern nach Schmetterlingen,
Denn manches hat man in reiferen Jahren
Sowohl von Welt als Kunst erfahren,
Das einen jetzt schöner und wichtiger deucht
Als Buntes, das um Buntes fleucht.
Mit ruhiger Seele das zu erfassen,
In ruhiger Form das leuchten zu lassen,
Dahin geht nun meiner Kunst Begehren,
Davon wird mich niemand wegbekehren.
Denn immer, was und wie ich sang:
Ich folgte immer meinem Drang.
Wär sonst auch lieber Schuster geworden,
Als Bruder im Sankt Apollo-Orden!

License
Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).
Link to license

Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2011). Bierbaum, Otto Julius. Pro domo. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-31D3-4