[Am Rheine schweb' ich her und hin]

Am Rheine schweb' ich her und hin
Und such' den Frühling auf
So schwer mein Herz, so leicht mein Sinn
Wer wiegt sie beide auf.
Die Berge drängen sich heran,
Und lauschen meinem Sang,
Sirenen schwimmen um den Kahn,
Mir folget Echoklang.
O halle nicht, du Widerhall,
O Berge kehrt zurück,
Gefangen liegt so eng und bang
Im Herzen Liebesglück.
Sirenen tauchet in die Flut,
Mich fängt nicht Lust nicht Spiel,
Aus Wassers Kühle trink' ich Glut,
Und ringe froh zum Ziel.
O wähnend Lieben, Liebeswahn,
Allmächtiger Magnet,
[128]
Verstoße nicht des Sängers Kahn,
Der stets nach Süden geht.
O Liebesziel so nah so fern,
Ich hole dich noch ein,
Die Frommen führt der Morgenstern,
Ja all zum Krippelein.
Geweihtes Kind erlöse mich,
Gieb meine Freude los,
Süß Blümlein ich erkenne dich,
Du blühest mir mein Los,
In Frühlingsauen sah mein Traum
Dich Glockenblümlein stehn,
Vom blauen Kelch zum goldnen Saum
Hab' ich zu viel gesehn,
Du blauer Liebeskelch in dich,
Sank all mein Frühling hin,
Vergifte mich, umdüfte mich,
Weil ich dein eigen bin.
Und schließest du den Kelch mir zu
Wie Blumen abends tun,
So lasse mich die letzte Ruh',
Zu deinen Füßen ruhn.

Notes
Entstanden 1802. Erstdruck 1844.
License
Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).
Link to license

Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Brentano, Clemens. [Am Rheine schweb' ich her und hin]. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-4004-0