[Ich bin durch die Wüste gezogen]

Ich bin durch die Wüste gezogen,
Des Sandes glühende Wogen
Verbrannten mir den Fuß.
Die Sonne sog mir im Zorne
Das Wasser aus jedem Borne,
Es folgte kein Regenguß.
Ich dürste, es bringen die Dorne
Mein siedendes Blut in Fluß.
Aus zog ich mit sieben Kamelen,
Es lechzen unsere Kehlen,
Wie rette ich Weib und Kind.
Wo finde ich frische Quellen,
Die Schätze von Gold und Juwelen
Begrub im Sande der Wind.
Soll uns das Leben nicht fehlen,
O Himmel, regne geschwind!
Ich wühlte mit glühendem Schwerte
Den Kindern ihr Grab in der Erde,
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Bis auf das letzte fürwahr!
Das ruht unterm Mutterherzen,
Bis sie es in Jammer und Schmerzen
Hinsterbend dem Tode gebar.
Es heult die Hyäne, doch erzen
Stellt mir sich das Schicksal dar.
Gern hätte ich Tränen getrunken,
Der Augen Quell ist versunken,
Oase wie liegst du so fern!
Vor Glut ist das Herz mir verglommen,
Das Ziel, ich fühl' es gekommen,
Ich rufe zum sinkenden Stern:
Der Herr hat gegeben, genommen,
Gelobt sei der Name des Herrn!

Notes
Erste Kurzfassung, entstanden 1816. Erstdruck 1877. Zweiter Entwurf, entstanden 1816. Erstdruck 1968.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Brentano, Clemens. [Ich bin durch die Wüste gezogen]. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-4029-D