[99] Blühende Pfirschen und Apricosen
Ich sah', an einer Garten-Wand,
Jüngst einen Pfirsch-Baum ausgespannt,
Deß, dem Rubin-Balaß an Farben gleiche, Blühte
Im angenehmen Schimmer glühte.
Es glich der gantze Baum, sowohl an Form und Glantz,
Als runder grüner Zierlichkeit,
Fast einem gläntzenden erhab'nen Pfauen-Schwantz,
Nur bloß mit diesem Unterscheid:
Da dort des Pfauen grünes Rad
Von blauem funckelnden Sapphir,
Viel hundert schöne Augen hat;
So prangt des Pfirsch-Baums Circkel hier,
In seinem ja so schönen Grünen,
Mit tausend Augen von Rubinen.
Nicht leicht kann man was schöners sehn,
Als wenn wir etwan an der Seiten
Von einem blüh'nden Pfirsch-Baum stehn.
Die Blicke, die sodann
Gemählich über Bluhmen gleiten,
Die sehn den sonst zertheilten Glantz
Nicht anders an,
Als ein vereintes Gantz,
Und scheint sodann die gantze Wand,
Mit Decken von Damast,
Die Rosen-farb gefärbet, überspannt.
[100]
Wenn man dieselbigen nun in der Nähe sieht,
Erblickt, mit tausend Lust, ein aufmercksam Gemüth,
Viel tausend kleine weisse Spitzen
Auf noch nicht offnen Knospen sitzen,
Die, wie ein weisser Peltz von Hermelinen,
Zum Schutz der zarten Blühte dienen.
Wenn sich dieselbe nun zertheilet; siehet man
Zuerst ein schönes Roth, das man Rubinen,
Mit allem Recht vergleichen kann.
Sie sind sodann recht wunderschön,
Wie Rosen-Knöspchen, anzusehn.
Die rothen Kügelchen eröffnen sich,
Wenn sie der Sonnen Licht bestrahlt, fast sichtbarlich.
Wann ich sodann die offne Blüthe schau;
Entdeck' ich voller Lust, und sehe, mit Vergnügen,
Ein weißlich Roth, ein röthlichs Blau,
In süsser Zärtlichkeit, sich auf den Blättern fügen.
Es wird das Roth allmählich blaß,
Recht, wie gesagt, als ein Rubin-Balaß.
Es sieht der Rose dann, die wild, und röthlich-bleich,
An Form und Farb', ein jedes Blühmchen gleich.
Der gantze Pfirsch-Baum scheint, in einem holden Schein,
Ein grosser Rosen-Busch zu seyn;
Der aber (wie nicht leicht ein Rosen-Busch sonst pfleget)
Kein Laub und keinen Dorn, nur Bluhmen, träget.
Noch war in gleicher Form zu schauen
Ein recht, als wie mit Silber-Schaum,
Geschmückter Apricosen-Baum.
Er glich dem schönen Schweif von einem weissen Pfauen.
[101]Aus Knospen, wenn sie noch nicht gantz
Geöffnet, sieht man recht, in einem weissen Glantz,
Gleichwie aus röthlichen zerborst'nen Schaalen,
Die Blüht', als einen Stern mit weissen Spitzen, strahlen.
Wie aber die, so bald sie aufgeblüht,
Den weissen Rosen ähnlich sieht;
So siehet auch der Baum, an schönen Bluhmen reich,
Dem weissen Rosen-Busch, ohn' Laub und Dornen, gleich.
Wie wir, in ausgeschmückten Zimmern,
Tapeten oft in bunten Bahnen schimmern,
Und Wechselsweise prangen sehn;
So sind nicht minder wunderschön,
Im Frühling, bunter Garten Schrancken,
Die, bald mit Apricosen, Pfirschen,
Mit Aepfeln hier, und dort mit Kirschen
Besetzt' und überzog'ne Plancken,
Wie bunte Bahnen. Wenn das Licht
Der Sonnen gar, bey aufgeklärtem Wetter,
Durch ihre zarte Blüht' und Blätter,
Mit ihrem klaren Feuer bricht,
Und, durch der Blätter Saft selbst bunt gefärbet, fällt;
So kann nichts lieblichers auf Erden
Den Augen vorgestellet werden.
Der allerherrlichsten Tapeten Pracht
Wird denn mit Recht, bey diesem Glantz, veracht.
Willst du nun recht was zärtlichs sehn;
So schau ein solches Blatt
Aufmercksam an, wie wunderschön
In selbem kleine Bäume stehn,
Die sich darinn, mit Stämm- und Zweigen,
Verwunderlich und deutlich zeigen.
[102]Von diesen glaubet man, daß in den zarten Röhren
Die Säfte, so die Früchte nähren,
Bereitet, ausgekocht und zugerichtet werden,
Ja, daß so gar des Saamens Geist und Kraft
In dem geläuterten oft umgetrieb'nen Saft,
In dieser Blätter zarten Decken,
Geheimniß-voll verborgen stecken.
Die Bluhmen lassen durch die Spitzen,
Da, wo sie an dem Kelch vereinet sitzen,
Ein Sternen-förmiges, ein grünlich Blühmchen sehn,
In dessen Mitte sich von kleinen Stangen
Ein netter Circkel zeigt, worauf so zart als schön
Mit einem dünnen Staub bedeckte Zäser hangen,
Die, durch den allerkleinsten Wind,
Verwunderlich beweglich sind,
Aus deren Mitte denn noch eine steiget,
Die, als ein Mittel-Punct der zarten Frucht, sich zeiget.
O wunderbar Gewebe der Natur!
Wer dich mit menschlichem Gemüth,
Und nicht mit vieh'schen Augen, sieht;
Der kann die Allmacht-volle Spur
Von einem ew'gen Wunder-Wesen,
Auf deinen Blättern, deutlich lesen.
Demnach sey dir, mein Hertz, forthin jedwede Blühte
Ein kleines Lehr-reich Buch von Gottes Macht und Güte!
Ich sah, mit höchster Lust und innigem Ergetzen,
Des Schöpfers Werck an diesen Frühlings-Schätzen.
[103]Mir fiel zu gleicher Zeit, bey solchem holden Schein,
Mit Danck-erfüllter Seelen ein,
Wie nützlich diese Bluhmen seyn;
Welch eine schöne Frucht aus ihrer Schönheit spriesset,
Von welcher man, zur schwühlen Sommer-Zeit,
Die wunderbare Lieblichkeit
Nicht mit dem Auge nur, mit Zung' und Gaum, geniesset.
Der Apricosen Silber-Blüht'
Wird Gold in ihrer Frucht, und strahlt in gelber Zier,
Die oft so, wie Aurora, glüht,
Zumahl wenn man sie recht gehäuft, wie Trauben, sieht,
Aus ihrem grünen Laub' herfür:
Ihr Saft erfrischt das Blut und das Gemüthe.
Wie herrlich gläntzt die Pfirsich, wenn sie reifft,
Auf welcher sich der Schmuck verschiedner Farben häufft!
Bald funckeln sie, in ihrem holden Grünen,
Wie grosse Kugeln von Rubinen;
Bald blitzt ein Silberweiß auf ihnen;
Bald glimmen sie, wie Gold, bald sieht man, wie die Pracht
Von holden Rosen-rothen Wangen,
Wenn sie am allerschönsten prangen,
Bey holder Fleisch-Farb' uns anlacht.
Auf mancher zeiget sich ein bunter Strahl
Von allen Farben auf einmahl.
Es ist ein solcher Baum so Wunderschön,
Wenn viele Früchte drauf, die reif sind, anzusehn;
Daß, uneracht der süssen Lust,
Die ihm, durch den Geschmack, die heisse Brust
Und seinen trocknen Gaum erquicket,
Ein Näscher selbst sie fast mit Unmuth pflücket.
[104]
Bewund're ferner nun, mein Hertz, zu Gottes Ehre,
Von dieser reiffen Frucht die Gröss' und Schwere,
Da viele mehr, als zwey Pfund am Gewicht,
Durch die gehäuffte Meng' der Feuchtigkeiten, haben:
Erkenn' hierinnen auch des grossen Gebers Gaben!
Vergiß dafür des Danckens nicht!
Wenn den Mund die Pfirsich füllet,
Und den Durst mit Anmuth stillet,
Daß die Zung' in Honig schwimmt;
Ach! so schätzt es nicht geringe!
Danckt dem Schöpfer aller Dinge,
Der euch so viel Guts bestimmt!