Widmungsgedicht zu »Adam Mensch«

Oskar Hänichen zugeeignet.


Von einem Grabe komm' ich her. – Du weißt,
Mein lieber Freund –: von welchem Grabe –
Du weißt –: wie viele Träume, wie viel Glück –
Wie viele Vergangenheit ich da begraben habe ...
Von des Vergessens Flut unüberspült
Mahnt dieser Hügel noch im fernen Süden –
Da wir so groß gelebt, so stark gefühlt,
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So heiß gekämpft um unsres Willens Frieden.
Ob wir ihn fanden –? Nun, mein lieber Freund –
Wir lächeln schmerzlich – doch wir lächeln eben –
Wir sind allein – wir haben nur noch uns –
So bleiben wir zusammen für das Leben ...
Der Regen klatscht an meine Fensterscheiben –
Ins Nordland wieder wurden wir verbannt –
Getrost mein Freund! Wir werden südwärts treiben
In unsrer Sehnsucht – unsres Sieges Land!
Ein Grab zu hüten gilt's. Mit weißen Kerzen
Hat's unterweil der junge Lenzgeschmückt –
Für das Unsterbliche verglühn die Herzen –
Mit rotem Blut getauft der tiefsten Schmerzen
Ward uns der Geist, der Zukunftsfrüchte pflückt. –

Notes
Erstdruck in dem Roman »Adam Mensch«, Leipzig (Friedrich) 1889.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Conradi, Hermann. Widmungsgedicht zu »Adam Mensch«. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-581A-A