Erste Rolle verliebter Gedancken oder Feuers aus der Aschen

An Ihro Gnaden Fraülein Barbara Dorothea gebohrne Fraülein von Czigan

Was aus der Aschen ich
Geschorren und bekommen,
Als noch das Blat geglommen,
Wil hier bedienen dich.
O Barbara, es ist
Im Feuer aufgeflogen,
Was ich auf hundert Bogen
Zu deinem Lob erkiest.
Jedoch, es sol dein Preiß
Nicht seyn des Feuers Beute,
O Freundin weiser Leute,
Glut frist nicht ihren Schweiß.
Das Ertzt kriegt starcken Schein,
Wo man es schmeltzt zusammen,
So wird dein Lob in Flammen
Ein Salamander seyn.

[335] 1.
Vorsatz sucht Platz

Wer meinen Vorsatz recht wil wissen,
Muß mein Gemüth in seines schliessen.

2.
Dein und Mein verhindert Ein

Wer sich umsieht, wo er geblieben,
Gehört nicht unter die, so lieben.

3.
Ergib dich, so hast du mich

Als ich zum ersten mich verlohren,
Da war die Lieb in mir gebohren.

4.
Vergiß, es ist ungewiß

Der schlägt die Liebe leicht in Wind,
Wer sich nur sonst auf was versinnt.

5.
Es ist ein Bild, daraus es quillt

In dir ist was, das ist nicht du,
Draus quilt die Lieb und kommt dir zu.

6.
Wo Huld nicht kan, bricht Gold die Bahn

Viel, die der Lieb und Treu entgangen,
Hat endlich Geld und Gold gefangen.

7.
Wo Brand, selten Verstand

Das uns auf Erden kan erhöhn,
Ist lieben, und dis recht verstehn.

8.
Glaub es bloß, so bist du loß

Wer liebt, und spricht, er ist gebunden,
Hat nichts davon noch recht empfunden.

9.
Recht schweigen, kan viel zeigen

Bedenckt doch, was mein Reden sey,
Ich schweig und werd erhört dabey.

10.
Mein Du läst mir keine Ruh

In mir da redt was immer zu:
Was ists? Ich, oder, Göttin, du.

11.
Ich fand dich, und verlohr mich

Ich hab und suche, was mir fehlt,
Ich bin durch nehmen mehr gequält.

[336] 12.
Auf Treu folgt Reu

Ach wann ich mich, was ich erkannt,
Doch nicht so bald darauf gewand.

13.
Flamm und Eys hält ein Gleis

Ach Wunder! mitten in den Flammen,
Gefrier und back ich offt zusammen.

14.
Lieben macht Dencken, Dencken macht kräncken

Offt hebt, wenn ich nicht dencke dran,
Dich in mir was zu nennen an.

15.
Demuth wol Thut

Als ichs aufs höchste kam, fiel ich,
Drum der nach gehst, hüte dich.

16.
Laß den Willen, wilt dus stillen

Der Willen muß kein Willen seyn,
Die Lieb ist sonst nicht Lieb allein.

17.
Angenehm macht beqvem

Treu ist zwar gut. Doch der hat mehr gethan,
Der sich beliebt vor andern machen kan.

18.
Ich suchte dich und verlohr mich

Bin ich in dir, und du in mir dergleichen:
Wie kanst du mich, ich dich dann nicht erreichen.

19.
Viel leiden und schweigen kan zu Hertzen steigen

Im Willen wird die Liebe zwar gebohren,
Doch läst du ihn, hast du erst Lieb erkohren.

20.
Wie das Roß, so der Mann, wol dem, der es reiten kan

Gut ist die Lieb: als sie wird gut genommen,
Böß ist sie dann: ist sie dir so vorkommen.

21.
Verlohren ist hier erkohren

Ich such und find, und als ich es erkohren,
Hab ich dasselb und mich in dem verlohren.

22.
Viel sinnen macht wenig können

Wo du mich triffst in meinem Hertzen an,
So rede so, daß ich es hören kan.

[337] 23.
Nicht mich sondern in mir dich

Was in mir ist, das hast du nicht erkannt,
Drumb ist dein Hertz auch stets von dir gewand.

24.
Verstummen heist übel vernommen

Es ist nicht Noth: nichts reden und viel leiden,
Ein eintzig Wort, auch kein Wort kan uns scheiden.

25.
Nicht ich du selbst plagest dich

Wann dich nur nicht selbst die Gedancken plagen,
Hast du sonst in der Liebe nichts zu klagen.

26.
Gedancken wancken

Du bist zu mir, ich bin zu dir auch gleich gegangen,
Wir fehlen beyde so, und sind doch beyd umfangen.

27.
Was in dir das fehlt mir

Die Liebe, die mich plagt, wird anderswo empfangen,
Und anderswo ernährt, und steckt doch im Verlangen.

28.
Wer allein darff sich nicht zweyn

Ob mir die höchste Lust dein Antlitz, Göttin, giebt,
Doch hab abwesend ich dich allzeit mehr geliebt.

29.
Ohne Hertz, ohne Schmertz

Wer von der Liebsten geht, und bleibet nicht dahinden,
Der kan, ob er verirrt, alsbald nach Hause finden.

30.
Mich aber vielmehr dich

Du liebst nicht mich, nur dis, was sich dir in mir gleicht,
Drumb sich in ihrer Lieb auch deine Lieb erreicht.

31.
In einem Nu leb ich und Du

Könt uns der Augenblick, wann wir uns sehn, vertreiben:
Wo würden, stürben wir, dann die Gemüther bleiben.

32.
Lieb ohne Pein ist ein Pancquet ohne Wein

Verlier ich ie die Pein, so ich bisher erlitten,
Ich weiß nicht, solt ich viel umb Liebe bey dir bitten.

33.
Einerley Sinn legt alles hin

Hoch halt ich, daß du schön, und höher, daß ich frey:
Wann beyde weg, dann kommt uns rechte Liebe bey.

[338] 34.
Ohne Rath folgt die That

Als ich Rath bey mir hielt, ob ich dich solte lieben,
Kam selbst die Liebe drein, fieng an mich zu betrüben.

35.
Ich bin da, wo mein Sinn

Die Tugend kan zwar viel, doch macht die Lieb allein:
Daß ich abwesend auch kan gegenwärtig seyn.

36.
Beydes bringt Flehn, Sehn und nicht sehn

Wenn ich dich seh, alsdenn verlier ich Hertz und Sinnen:
Seh ich dich nicht, ich weiß nichts sonsten zu beginnen.

37.
Es kommt von dir, nihm es von mir

Weil die Gedancken mich zur Liebe stets vermögen,
So find ich allda dich, bist du gleich nicht zugegen.

38.
O Noth, wie nah ist der Tod

Mein Leben seh ich bloß an deiner Liebe kleben,
Nihm nur die Liebe hin, bald wird es sein Begeben.

39.
Kein grösser Leid, als das im Hertzen schreyt

Mit euch besprech ich mich gar gern, o ihr Gedancken,
Doch schaut, betriegt mich nicht, ich wil von euch nicht wancken.

40.
Ohne Pein kan es nicht seyn

Mit Blumen prangt der Lentz: Der Sommer drauf mit Ähren:
Mit Wein und Obst der Herbst: Die Liebe mit Beschweren.

41.
Geduld erwirbt Huld

Ich wünsche mir von hier, und wil auch lieber bleiben,
Kan weder hier noch dort die Liebe doch vertreiben.

42.
Schaue dich für du dienst deiner Begier

Viel sind, die beten wol gar schöne Nymphen an,
Und ehren, sehn sie es, bloß ihren eignen Wahn.

43.
Sag's ich klag's

Ich seufftz, umb eintzig nur zu wissen, Schönste Zier,
Wie diesen Blick es geh' (indem ich seufftze) dir.

44.
Unverwand der gröste Brand

Der steckt in grosser Noth, der seine süsse Pein,
Unmöglich und dann auch sieht unverändert seyn.

[339] 45.
Wann es gethan, verläst dich der Wahn

Im fall ich von dir komm, erkenn ich sonder Ziel,
Daß dis, was mich gequält, dann nicht gewest so viel.

46.
Nicht hören kan versehren

Erwach ich früh: so rufft das erst Ach Gott in mir!
Das andre, bist du nicht im ersten, Liebste Dir.

47.
Das Mein in dir erweckt Begier

Das beste bleibt die Seel, und die war raus getrieben,
Itzt schwebt sie um den Punct (du bists) so drinnen blieben.

48.
Alles du, was ich thu

Die Morgenröth erblickt' ich nechst; ich sprang herfür,
Und sprach (du kammst mir vor) Willkommen schöne Zier.

49.
Lieben ohn Vergnügen ist Krieg ohne Siegen

Lieb ich: alsdenn geschichts, daß sie sich von mir trennt:
Und lieb ich nicht, ist was, das mich sehr reitzt und brennt.

50.
Bald geschehn macht offte flehn

Als ich dich sah: in dem hast du mich weggenommen,
Und weiß noch nicht, wohin ich damals mit dir kommen.

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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Czepko von Reigersfeld, Daniel. Erste Rolle verliebter Gedancken. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-5C13-B