König Alfreds Gesang

Schlachtflüchtig sucht' ich den tiefsten Tann,
Wo die Dornen zusammen wachsen:
Ein müder, wunder, verzweifelter Mann
Und – der König der Angelsachsen! –
Fest hielt ich den Grund vor dem Überdrang,
Bis unter der Streitaxt Streichen
Mir der Helm und der Schild und das Schwert zersprang: –
Da sank ich für tot auf die Leichen. –
Und über den Strand blies Morgenwind:
Der weckte mich scharf und schaurig: –
Da wich ich zu Walde, von Stirnblut blind,
Und zum Sterben matt und traurig. –
O, wie sie nun über mein Volk, mein Land,
Hinwüten mit Feuer und Speeren: –
Weh, Glockengeheul und Dörferbrand –
Und ich kann es nicht wenden noch wehren!
Alditha, mein Weib, mit den Augen klar,
Mit den süßen, den lallenden Kinden,
Mit dem goldenen Herzen und goldenen Haar: – –
Wann werd' ich dich wieder finden?
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Ja, ich hab' es im Brausen der Wipfel erlauscht,
Wann bitter mich brannte die Wunde,
Wann die Tannen gesaust und die Brandung gerauscht, –
Aufreiß' ich mein Volk vom Grunde!
Bei Aldithens Jammer gelob' ich's und schwör's: –
Bei der Schande der dänischen Ketten: –
Ich muß obsiegen – du Himmel, hör's! –
Und mein Volk, ich muß es erretten!
Noch haus' ich wund in dem tiefsten Tann,
Wo die Dornen zusammen wachsen: –
Bald zieh ich gen London sieghaft hinan,
Ich, der König der Angelsachsen!

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Dahn, Felix. König Alfreds Gesang. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-68DF-E