[108] Politische Triolette

1. Vormärzliche

1.
Freiheit, Recht und Kinderzucht
Sind die Dinge, die ich singe,
Ob es mir auch Nachtheil bringe
Und der Metternicht mir flucht!
Ob der Metternicht mir flucht,
Ob es mir auch Nachtheil bringe,
Sind die Dinge, die ich singe,
Freiheit, Recht und Kinderzucht.
2.
Freiheit muß der Deutsche haben,
Doch Censur ist dieses nie,
Noch auch die Bureaukratie,
Treuherz sagt euch dies aus Schwaben.
Treuherz sagt euch dies aus Schwaben,
Weder die Bureaukratie
Noch Censur ist dieses nie,
Freiheit muß der Deutsche haben.
3.
Recht verlangt der wack're Bürger.
In dem freien deutschen Staat,
Weh' dir Nordens Autokrat,
Wehe dir, du großer Würger.
Wehe dir, du großer Würger,
Weh' dir, Nordens Autokrat!
In dem freien deutschen Staat,
Recht verlangt der wackre Bürger.
[109] 4.
Kinderzucht begehren wir,
Ohne sie ist nirgend Segen,
Darum soll man Lehrer pflegen,
Darum zahlt sie nach Gebühr!
Darum zahlt sie nach Gebühr,
Darum soll man Lehrer pflegen,
Ohne sie ist nirgend Segen,
Kinderzucht begehren wir.
5.
O du deutsches Vaterland,
Deine 40,000,000,
Sage vierzig Millionen,
Knebelt dir des Censors Hand,
Knebelt dir des Censors Hand
Sage vierzig Millionen,
Deine 40,000,000,
O du deutsches Vaterland!
6.
Landesfürst ist Landes Sonne,
Landständ' sind des Landes Sterne,
Christian Maier nenn' ich gerne
Unsrer Landsnacht Mond und Wonne,
Unsrer Landsnacht Mond und Wonne,
Christian Maier nenn' ich gerne,
Landständ' sind des Landes Sterne,
Landesfürst ist Landes Sonne.
7.
Ja es kommt der Tag gewiß!
Dann erschau'n wir sie in Reinheit,
Deutschlands Freiheit, Deutschlands Einheit,
Und es weicht die Finsterniß!
[110]
Und es weicht die Finsterniß,
Deutschlands Freiheit, Deutschlands Einheit,
Dann erschau'n wir sie in Reinheit,
Ja es kommt der Tag gewiß.

2. Nachmärzliche

1.
Deutschland, ich befürchte sehr,
Dir droht Revolution,
Denn in Frankreich donnert's schon.
Wenn man nur vernünftig wär!
Wenn man nur vernünftig wär!
Denn in Frankreich donnert's schon,
Dir droht Revolution,
Deutschland, ich befürchte sehr!
2.
Heil uns! Freiheit ohne End'!
Der Herr Amtmann grüßt uns schon,
Und der Censor ist entfloh'n,
Und es gibt ein Parlament!
Und es gibt ein Parlament,
Und der Censor ist entfloh'n,
Der Herr Amtmann grüßt uns schon,
Heil uns, Freiheit ohne End!
3.
Gott, was man für Sachen hört!
Dieses ist die Freiheit nicht,
Wenn man so abscheulich spricht,
Ei, wie ist mein Herz empört!
Ei, wie ist mein Herz empört,
Wenn man so abscheulich spricht,
Dieses ist die Freiheit nicht,
Gott, was man für Sachen hört!
[111] 4.
Bürger, laßt euch nicht verleiten!
Nimmer strebt ein bied'rer Sinn,
Nach Latern und Guillotin,
Solchen Unfug muß man meiden.
Solchen Unfug muß man meiden,
Nach Latern und Guillotin,
Nimmer strebt ein bied'rer Sinn,
Bürger, laßt euch nicht verleiten!
5.
Christian Maier, Christian Maier,
Tritt auf deines Grabes Stufen,
Hebe mächtig an zu rufen:
»Haltet ein, ihr Ungeheuer!«
Haltet ein, ihr Ungeheuer,
Hebe mächtig an zu rufen,
Tritt auf deines Grabes Stufen,
Christian Maier, Christian Maier!
6.
Uebertrieb'ne Anarchie!
Rothe Federn an den Hüten,
Lange Säbel, Stulpenstiefeln,
Jetzt, o Menschenfreund, entflieh!
Jetzt, o Menschenfreund, entflieh!
Länge Säbel, Stulpenstiefeln,
Rothe Federn an den Hüten,
Uebertrieb'ne Anarchie!
7.
Danket Gott, jetzt ist's vorbei!
Dieses übertrieb'ne Brüllen,
Sagt mir um des Himmels Willen,
Sind wir jetzt nicht wirklich frei?
[112]
Sind wir jetzt nicht wirklich frei?
Sagt mir um des Himmels Willen!
Dieses übertrieb'ne Brüllen,
Danket Gott, jetzt ist's vorbei!

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TextGrid Repository (2012). Eichrodt, Ludwig. Politische Triolette. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-9F5A-A