14. An Herrn M. Christof Buhlen, von seiner Charitillen

1632 Herbat.


Zwar ich hatte längst in Willen,
Buhle, du gelehrter Man,
dir und deiner Charitillen
einen Ton zu stimmen an,
daß man könt' auch künftig sagen,
daß ich Lust zu euch getragen.
Seit mir aber meine Freuden
mein Verhängnüß mißgegünt,
und die von mir müssen scheiden,
die mein Sin noch stets besint,
ist mir etwas anzufangen
alle Lieb' und Lust vergangen.
Und wo ist denn Charitille,
Charitille, deine Zier,
deine Hülle, deine Fülle
und dein ganzes Du nach dir,
Charitille, der zu Ehren
ich ein Lied soll lassen hören?
Deine Lust, sie ist entwichen,
deine Zier ist weit von dir.
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Du auch bist ihr nach geschlichen,
nur dein Schatten ist noch hier,
nun uns Gottes Eifer rühret
und in ein solch Elend führet.
Schöne Stadt, ich trag' Erbarmen
über deinen schweren Fall,
daß dich Furcht und Tod umarmen
hier und da und überall.
Wenn, ach! wenn wol wirds geschehen,
daß wir dich in Frieden sehen?
Ich, wie sehr ich sonst verletzet
über der Rubellen bin,
werde doch itzt mehr verhetzet
zu betrüben meinen Sin,
weil ich dich, du werter Buhle,
nicht seh' in der Liebes-Schule.
Weiln auch deine Charitille
nicht bei uns zugegen ist,
so ist Alles öd' und stille,
Alles hat sein Leid erkiest.
Nichts will Fröligkeit beginnen,
weil die Freud' ist selbst von hinnen.
Phöbus scheint mir selbst zu trauren,
er verkürzt den müden Tag,
weil er um bewußte Mauren
seine Zier nicht sehen mag.
Lune will mich blässer deuchten
und die Sternen minder leuchten.
Da man sonsten hin und wieder
um den Pleiß- und Elsterstrand
hörte manche schöne Lieder,
da ist itzt ein Stillestand.
Alle Hirten, alle Heerden
sieht man stündlich dünner werden.
Aller Trost ist hin verschwunden
mit dem Sommer und mit ihr.
Du hast keine Lust empfunden,
seit sie, Freund, nicht ist bei dir.
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Doch so mach dir nicht zu bange!
Sie wird sein von dir nicht lange.
Zweierlei hat man vom Lieben,
so man standhaft ausverharrt:
in dem Absein das Betrüben,
Freuen in der Gegenwart.
Lust und Leid ist der ergeben,
wer in treuer Brunst will leben.
Kommt doch bald, ihr edlen Tage,
komm doch bald, du güldne Zeit,
daß mein Buhle frölich sage:
Weg, verhaßte Traurigkeit!
Ich bin aller Not entnommen;
Charitille, sei willkommen!
Denn will ich auch lustig singen
und mit euch mich freuen sehr,
obgleich ich von gleichen Dingen
nichts zu hoffen nimmermehr.
Muß schon ich mich stets betrüben,
doch seh' ich gern' Andre lieben.

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TextGrid Repository (2012). Fleming, Paul. Gedichte. Deutsche Gedichte. Oden. 4. Von Glückwünschungen. 14. An Herrn M. Christof Buhlen, von seiner Charitillen. 14. An Herrn M. Christof Buhlen, von seiner Charitillen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-ABA9-8