In der Krankheit

(Brief an E.)


Mein ganzes Zimmer riecht nach Wald,
Das machen die kienenen Tische,
Glaub mir, ich muß genesen bald
In dieser Harzesfrische.
Du bist noch kaum bei uns daheim
An unsres Kindes Bettchen,
Und sieh, schon sitzt ein muntrer Reim
Auf meinem Fensterbrettchen.
Er sitzt allda und schaut mich an
Wie auf dem Felde die Lerchen
Und singt: »Du hast ganz wohlgetan,
Dich still hier einzupferchen.
Steh nur früh auf und schweif umher
Und lache wie der Morgen,
So wird dies grüne Waldesmeer
Schon weiter für dich sorgen.
Und schiedst du doch zu dieser Frist,
So tu es ohne Trauern,
Das Leben, weil so schön es ist,
Kann es nicht ewig dauern.«
[19]

Notes
Entstanden 1853, Erstdruck 1875.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Fontane, Theodor. In der Krankheit. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-AF64-2