Lied der Spinnerin

Schnurre, schnurre, meine Spindel,
Dreh' dich ohne Rast und Ruh'!
Totenhemd und Kinderwindel
Und das Brautbett rüstest du.
Goldner Faden, kann nicht sagen,
Welch ein Schicksal dir bestimmt,
Ob mit Freuden, ob mit Klagen
Das Gespinst ein Ende nimmt.
Anders wird's, als wir's begonnen,
Anders kommt's als wir gehofft;
Was zur Hochzeit war gesponnen,
Ward zum Leichentuch schon oft.
Schnurre, Spindel, schnurre leise,
Rund ist wie dein Rad das Glück;
Gehst du selig auf die Reise,
Kehrst du weinend wohl zurück.
[110]
In die Wolken geht die Sonne,
Schnell verweht im Wind ein Wort;
Wie der Faden rollt die Wonne
Rollen Lieb' und Treue fort.
Schnurre, Spindel, schnurr' im Kreise,
Dreh' dich ohne Rast und Ruh' -
Und ihr Tränen, fließet leise,
Fließet unaufhaltsam zu!

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TextGrid Repository (2012). Geibel, Emanuel. Gedichte. Jugendgedichte. Drittes Buch. Athen. Lied der Spinnerin. Lied der Spinnerin. TextGrid Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-B886-F