14.

Auf glatten Fluten schwamm der Abendstern,
Ein grünlich Gold umdämmerte die Fluren:
Die Türme Lübecks spiegelten sich fern,
Und leise zog der Nachen, drin wir fuhren.
Die Luft ward kühl, Gesang und Scherz zerrann
Gemach in traulich flüsterndes Gekose,
Ein weißer Mädchenarm griff dann und wann
Ins feuchte Blau nach einer Wasserrose.
[108]
Nachdenklich saß die Lieblichste der Schar,
Ein sechzehnjährig blühend Kind am Steuer;
Den wilden Efeukranz im lock'gen Haar,
Fast glich sie jener, die mir einst so teuer.
Und plötzlich stand es vor der Seele mir,
Mein ganzes Glück, mein ganzes Leid von weiland,
Und tiefe Sehnsucht fiel mich an nach dir,
Du meiner Jugend fernverschollnes Eiland! – –

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Geibel, Emanuel. 14. [Auf glatten Fluten schwamm der Abendstern]. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-BBA2-6