Sonette und Distichen aus Griechenland als Intermezzo

1839–1840.

Dichterleben

Wen einst die Muse mit dem Blick der Weihe
Mild angelächelt, da er ward geboren,
Der ist und bleibt zum Dichter auserkoren,
Ob auch erst spät der Kern zur Frucht gedeihe.
Des Lebens Pfade zeigt in bunter Reihe
Ihr ihm umsonst; er wandelt wie verloren,
Es klingt ein ferner Klang in seinen Ohren,
Er sinnt und sinnt, daß er Gestalt ihm leihe.
Der Lenz erscheint mit seinen Blütenzweigen:
Er fühlt so seltsam sich vom Hauch durchdrungen;
Die Liebe kommt: er weiß nicht mehr zu schweigen.
Und wie ein Quell, der lang ans Licht gerungen,
Bricht's nun hervor gewaltig, tonreich, eigen,
Und sieh, er hat sein erstes Lied gesungen.

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Geibel, Emanuel. Dichterleben. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-BDE5-2