2.

Du bist so schön, ich wag' es nicht,
Dich anzuschauen,
Du schlanke Lilie hoch und licht
Im Kranz der Frauen;
Du Kön'gin sonder Hermelin,
Von deren Stirne Gnad' und Hoheit scheinen,
Du bist so schön – o laß mich vor dir knien
Und stumm auf deine Füße weinen!
Ich kann die Wonne, kann den Schmerz
Nicht mehr verschweigen,
Ich kann nur flehn: Nimm hin dies Herz,
Es ist dein eigen.
Nimm's, deiner Huld wertlosen Raub,
Und blick' es an zwei selige Sekunden;
Dann wirf es hin und tritt es in den Staub,
Es hat des Heils genug gefunden.
Doch wisse, keines kann dir je
Wie dieses schlagen,
So weit beschwingt um Land und See
Die Winde jagen;
So weit das lichte Morgenrot
Dahinfleucht durch die Welt mit raschen Gluten,
Ist keins wie dies bereit, in sel'gem Tod
Sein Dasein für dich hinzubluten.

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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Geibel, Emanuel. 2. [Du bist so schön, ich wag' es nicht]. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-C046-4