AUS: VERSE
AN EINEN IN BEDLAM

Mit zarter hand des Irren hinter rostigen stäben
Hat er gewiss auch seine kränze die er reisst und flicht –
Duftlose halme stroh · armselige · sie kreuzen
Sein enges kerker-weltall wo das dumpfe volk hinstarrt
Mitleidig überlegen. O wie sein verzückter blick
Mit ihrer stumpfheit eifert! Welcher göttertraum berauscht
Sein lang und lächelnd sinnen wie ein zauberwein
Und macht dass seine schwermut ist wie die der sterne!
Beklagenswerter bruder! ob dich dies ihr mitleid trifft –
Bin ich nicht freund von allem was dein hohler blick verspricht?
Ein halbes toren-königtum fern denen die da sän und ernten
Lebenlang eitelkeit. Besser als erdenblumen
Sind deine mondgeküssten rosen · besser als schlaf · als liebe
Sternkronige einsamkeit deiner vergessens-stunden.

[47] SERAPHITA

Erscheine jezt nicht · traumverlorenes angesicht ·
Mir windverschlagen auf des lebens wilder see –
Sei meine fahrt auch voll von finster sturm und weh:
Hier – jezt – vereinen oder küssen wir uns nicht!
Sonst löscht die laute angst der wasser vor der zeit
Das helle leuchten · deines angedenkens stern
Der durch die nächte herrscht – bleib von mir fern
In deines ruhe-ortes heiterkeit!
Doch wenn der sturm am höchsten geht und kracht
Zerrissen see und himmel · mond in meiner nacht!
Dann neige einmal dem verzweifelten dich dar ·
Lass deine hand (wenn auch zu spät nun) hilfbereit
Noch gleiten auf mein fahles aug und sinkend haar ·
Eh grosse woge siegt im lezten leeren streit!

[48] HEFE

Das feuer losch · die wärme ward zu rauch –
So endet jeder sang den einer singt.
Die hefe bleibt · (erschöpft der goldne wein!)
Wie wermut bitter und so scharf wie pein.
Mit kraft und hoffen ging die liebe auch
Wo trüb vergessen tote dinge schlingt ·
Und bis ans end ein zug von geistern schleicht:
Dies war die liebste · dies ein freund vielleicht.
So sitzen wir und warten wunschlos · fahl –
Bald fällt der vorhang · bald schliesst das portal ·
So endet jeder sang den einer singt.
[49][51]

Lizenz
Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).
Link zur Lizenz

Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). George, Stefan. Ernest Dowson. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-C9F7-A