GESPRÄCH DES HERRN MIT DEM RÖMISCHEN HAUPTMANN

[77]
HAUPTMANN
Ich weiss Herr dass du worte ewigen lebens hast
Des eignen hauses kindern brot zu bringen kamst
Doch die gefallnen krumen fremden nicht verwehrst:
Gib der bedrängten seele rat.
DER HERR
Philippos frag!
HAUPTMANN
Sind jene zeichen wahr mit denen man dich rühmt?
DER HERR
Kind der sie nötig hat · kind der sich daran stösst ..
Vor allem volk geschahen sie und glaube half
Der blinde sah der lahme nahm sein bett und ging
Das wasser ward zu wein · doch was bedräun sie dich
Da du kein solcher bist der sie an sich erfährt?
[78] HAUPTMANN
Du predigst nie den Weisen sondern ärmstem leut
Den fischern zöllnern für dein licht zu unbelehrt?
DER HERR
Hilflos zum thron des Vaters schreien blöd und klug ·
Zuzeiten ist der menschen weisheit schutt und spreu
Der welt erlösung kommt nur aus entflammtem blut.
HAUPTMANN
Ich hielt von früh auf das allgültige gesetz
Was auch du heischest zum gewinn des himmelreichs.
Ich folgte lang der grossen Redner unterricht
Auf meinen fahrten wurden mir des Sonnenherrn
Und auf den eilanden der Mütter und der Drei
Geheimnisse die unaussprechlichen zuteil ·
An Nilus quellen übte ich der nackten büsser brauch ..
Gleich blieb der kunde kern. Bringst du ein andres heil?
DER HERR
Die antwort gibst du selbst da du mich suchen gingst.
HAUPTMANN
Erhabner sieh mich flehn: du weisst im heiligen hag
[79]
Eh man das höchste schauen darf wird offenbart
Dass nur des reigens führer mit der gottheit eint ·
Du schlangst ihn nie noch nennst ihn .. irren denn die weihn?
DER HERR
Du irrst nicht sie. Ich schlang ihn nach dem liebesmahl
Mit aller schar: doch schweigen herrscht wo deutung weit.
Mein wesen brauchen sie nicht ganz – nur meine glut.
Des Sohnes banner mag im erdrund siegend wehn
Äonenlang sein sinnbild ob den völkern stehn
Eh wer des bundes fülle schaut: den Christ im tanz.
HAUPTMANN
Meister noch dies: ist was du bringst das lezte reich?
DER HERR
Dein sinn bleibt gleich verwirrt – sag ichs und sag ichs nicht.
HAUPTMANN
Ich kniee · nimm mich! warum bannest du mich nicht?
DER HERR
Weil deine dünne lymphe Gottes kraft nicht mehr erträgt ..
Du hast nun was du haben kannst. Steh auf und geh!
[80]

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TextGrid Repository (2012). George, Stefan. Gesamtausgabe der Werke. Das Neue Reich. Gespräch des Herrn mit dem römischen Hauptmann. Gespräch des Herrn mit dem römischen Hauptmann. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-CC1E-D