Die wahre Liebe

Eine Nachahmung.


Auf einer alten Mauer saßen
Zwei junge treue Turteltauben,
Die, voll von innerlicher Liebe,
Die Augen auf einander wandten,
Und dann und wann die Flügel zuckten.
Ein Sperling auf dem nächsten Dache
Voll buhlerischer Brunst und Schalkheit,
Hieß dieses Paars verliebte Ruhe,
Frost, Schläfrigkeit und Unvermögen.
Da sprach der Taüber, doch mit Sanfmuth:
Sprich nicht so schlimm von unsrer Liebe.
Horch! deine junge Gattin seufzet.
[44]
Sie heißt dich einen Ungetreuen.
Sie, die du gestern erst geehlicht,
Wird heute schon von dir verlaßen!
Du liebest freylich stark und feurig:
Wir lieben sittsam, aber ewig.

Notizen
Entstanden bis 1755. Erstdruck in: Taschenbuch für Dichter und Dichterfreunde, Abtheilung II, 1774.
Lizenz
Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).
Link zur Lizenz

Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Götz, Nicolaus. Die wahre Liebe. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-E5A1-F