Die Krone

Fürst Midas mit den Eselsohren,
Vom Hauptschmuck so genannt,
Wars, der den Nimbus mancher Toren,
Das Diadem erfand.
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Er, den Apoll mit langen Läppchen
So herrlich dekoriert,
Hat auch mit einem Purpurkäppchen
Zuerst sein Haupt geziert.
Und so versteckt er seine Mängel
In Mützen von drap d'or,
Wie manche unsrer holden Engel
Die ihrigen in Flor.
So stand es, als bei seinem Sterben,
Als Fideikommiß,
Er seinem Sohn als nächsten Erben
Das Mützchen hinterließ.
Der Erbe rief mit Spott und Staunen,
Ei, Freunde, seht doch, seht!
Fürst Midas hatte seltne Launen!
Ei, seht doch, wie das steht!
Er ziert es mit gestickten Streifchen
Und zerret, ändert, schiebt
So lange, bis mit einem Reifchen
Von Gold er es umgibt.
Das Reifchen wird nun bald verbessert,
Mit Steinen bunt besetzt,
Sein Wert gar bald vergrößert,
Als höchstes Gut geschätzt.
So ward die Krone, deren Schimmer
Manch langes Ohr versteckt
Und deren blendendes Geflimmer
Selbst Lastertaten deckt.

Den 5ten April 1806

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TextGrid Repository (2012). Grillparzer, Franz. Gedichte. Gedichte. Die Krone. Die Krone. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-F687-A