Abschied

Max wollt' aus Augsburg reiten. Doch ist's bestellt nicht gut,
Wenn auf die Fahrt dem Reiter Spornstiefel fehlt und Hut,
Die stahlen ihm Augsburgs Frauen, daß er noch bleiben sollt';
Er löst mit einem Tänzlein sie aus dem Gefängniß hold.
Max ritt aus Augsburgs Thoren. Doch ist's bestellt unlieb,
Wenn aus der Stadt du rittest, dein Herz doch drinnen blieb!
So zog er traurig die Straße durchs weite Lechfeld fort
Bis zu der grauen Säule, Rennsäule heißt sie dort.
Da hielt er an die Zügel und wandte rasch sein Pferd,
Zur Stadt noch einmal blickend, die ihm vor Allen werth:
»Mein treues, schönes Augsburg, da liegst du im Morgenlicht!
Die Trauer meiner Seele ahnst du, die Heitre, nicht.
Du ahnst nicht, daß ich segnend zu dir noch niederblicke,
Und kannst ihn nicht erwidern, den Gruß, den ich dir schicke,
Gleichwie das Kind im Schlummer wohl nimmermehr es ahnt,
Daß erst an seinem Bette der Vater segnend stand.«
Und feierlich dann schlug er dreimal das Kreuz vor sich:
»Lebwohl und Gottes Segen, mein Augsburg über dich!
Er lohne deine Liebe und deinen treuen Sinn!
Er schütze deine Mauern und all' die Frommen drin!
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Wir sehn uns nimmer wieder, so leb' denn ewig wohl!
Viel Treue harren meiner im schönen Land Tyrol!
Drum traure nicht, mein Auge, erhell' dich, Angesicht:
Von Freunden gehn zu Freunden ist, traun, so übel nicht!
So möcht' ich einst auch wandeln ins stille Geisterreich
Und, heitern Muthes scheidend, ihr Vielgeliebten, von euch,
Zum Kreis der Lieben wallen, der dort, mein harrend, spricht
Von Freunden gehn zu Freunden ist ja so übel nicht!«

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TextGrid Repository (2012). Grün, Anastasius. Abschied. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-0E7F-8