[145] Auf die Verstellung derer Frauenzimmer

Mägdgens, stellt euch nicht so spröde
Und entflieht uns nicht so fern!
Scheint gleich euer Antliz blöde,
Hat es doch das Herze gern.
Küst man euch, so heist es thalen;
Ich versteh wohl, das sind Schalen,
Darum wollt ihr nur den Kern.
Wenn wir etwan Rosen brechen
Und in Busen stehlen gehn,
Wollt ihr flugs mit Nadeln stechen
Und den Galgen gleich erhöhn;
Ja, ihr flucht wohl um die Wette
Und entlauft uns bis zum Bette,
Nur damit wir schärfer stehn.
Meint nicht, daß es niemand mercke,
Wie es euch geheim verdreust,
Wenn man zu dem süßen Wercke
Gar zu fromm und christlich heist;
Denn da könt ihr bey den Schwestern
Deßen Einfalt gut verlästern,
Der sich gar zu feig erweist.
Wenn ihr uns den Mund entrücket,
Wollt ihr nur gezwungen seyn,
Wenn man den nun ernstlich drücket,
Hört man keine Feuer schreyn.
Kurz, ihr pfleget in dem Lieben
Nie kein Waßer zu betrüben,
Sondern plumpt mit uns hinein.

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Günther, Johann Christian. Auf die Verstellung derer Frauenzimmer. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-24C8-3